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Drittes
Buch.
Römische
Schule.
er, noch irgend ein mitlelvenrler Maler hätte etwas Besseres lie-
fern können. Seine Schnelligkeit war so überraschend, dass
er in vier Stunden das Bildnis eines Cardinals vollendete, der
es ihm am Tage seiner Abreise nach Deutschland aufgetragen
hatte.
Er nimint einen ehrenvollen Platz unter den Vcrzicrern
ein, wenngleich seine Compositionen vollkommener seyn würden
ohne die vielen Vasen, Festgehiinge, und auf den Friessen sitzen-
den Kinder; aber dies war einmal Zcitgcschmack. Die Decke
in der Ignatiuskirche ist sein grösstes Werk, das allein seine
Tüchtigkeit beweisen könnte, hätte er auch nichts weiter ge-
malt. Die Bilder sind neu, die Tinten anmuthig, durchaus
herrscht eine malerische feurige Begeisterung, welche Maratta
und Ciro Ferri an ihm bewunderten. Letzter erstaunte, dass
Andrea in so wenig Tagen diesen Navonischen Freiplatz,
wie er es nannte, so meisterlich mit Figuren bevölkert, und
behauptete, die Pferde der übrigen Maler gingen Schritt, die
des Pozzo aber galoppirten. Unter den Prospectmalern ist;
er der erste, dem es auch in rundhohlen Stellen gelang, alle
lmuchrunde Baugliedcr zur Anschau zu bringen, wie in der
Tribune zu Frascati, wo erudie Beschneidung Christi darstellte,
und in einem Corridor der Jesuitenkirche zu Rom. Was ihm
noch mehr Ruf erwarb, war, dass es ihm gliickte, in mehrcm
Kirchen seines Ordens mit Scheinkuppeln das Auge zu täu-
sehen, wie in Turin, Mondovi, Modena, Arezzo, lllontepulciano,
Rom im Collegio, und in Wien, wohin ihn Kaiser Leopold
berief. Auch Bühnenvorhänge malte er mit so wahren Säu_
lengiingen und königlichen Gebäuden, dass er das glaublich
macht, was Vitruv (7, 5.) und Plinius (35, 4.) von del-
Geschicklichkeit der Alten hierin berichten. Wiewol er in der
Theorie der Optik sehr gründlich war, wie seine beiden Bände
Prospectc beweisen, so pflegte er doch fast keine Linie zu
ziehen, ohne vorher Modelle gemacht, und so Licht und Schat-
ten vertheilt zu haben. Musste er auf Leinwand malen, so
liess er eine leichte Leimlage darüber ziehen und mied den
Gyps; denn er meinte, von den Farben angefrischt verhindere
er das gehörige zarte Abklingen der Lichter und Schatten.
Viele seiner Schüler folgten ihm, andere malten auf Kalk,
andere in Oel Prospecte, die sie bald von Gebäuden entlehnten,