XVI
Vorwort.
zulassen hat. Das ist aber nicht bloss Künstlern, son-
dern auch Andern gesagt. Bei der zweiten Epoche der
Römischen Schule bemerke ich, dass der Fortschritt der
Kunst immer von gewissen allgemein ßngenolnmenen
Grundsätzen eines Jahrhunderts abhängt, nach welchen
der Künstler arbeitet und die Welt urtheilt. Um nun
die besten Grundsätze zu verbreiten und eindringlich zu
machen, dazu dient gerade eine allgemeine Geschichte,
Welche ihnen erst das Siegel aufdriickt. Somit gewin-
nen Künstler für _ihre Arbeiten, die übrigen Leser für
ihr Ürtheil, nicht unsichere, streitige, einseitige, sondern
feste, sichere, aus stäter vielseitiger, jahrhundertlanger
Erfahrung hervorgegangene Grundsätze. Dazu nehme man
noch, dass in einer so reichen Geschichte vielfältig Bei-
spiele vorkommen, anwendbar auf verschiedene Geister,
die zuweilen bloss darum nicht fortschreiten, weil sie den
ihnen von der Natur vorgezeichneten Weg nicht verfolg-
ten. Soviel iiber die Beispiele! YVer ausserdem noch
Regeln verlangt, wird auch diese bei jeder Schule fin...
den, nicht sovvol von mir, als von denen, welche bes.
ser über Malerei schrieben, und die ich bei Gelegenheit
eines oder des andern Meisters sammelte, wie ich am
derswo sagen werde.
Mein dritter Zweck war, die Kenntniss der Style zu
erleichtern. In der That wird jeder Künstler oder Kunst-
freund, wenn er den Styl jedes Zeitalters und jeder
Schule kurz geschildert gefunden, und nun auf ein Ge-'
mälde stösst, es leichter, wenn nicht auf einen gewissen
Meister, doch auf einen gewissen Geschmack zurückfüh-
ren; ebenwie Alterthiimler einer Schrift, nach Maass-
gabe des Papiers und dervSchriftziige, ein bestimmtes
Jahrhundert anweisen; oder, wie Kritiker aus der Schreib-
art eines Ungenannten auf Zeit und Ort, wo er lebte,
schliessen. Mit dieser Kunde geht man denn an die For-