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Drittes Buch.
Rönnische
Schule.
Michelina auf der Schädclstiitte; eine einzige Figur, die ein
Bild füllt, von Simon Cantarini, wie man sagt, für sein
Meisterwerk erklärt. Urbino hat, ausser den genannten und
einigen andern, auch noch den heil. Franciscus betend bei den
Capucinern, und bei den Conventualen das grosse Bild, die
Verzeihung, woran er sieben Jahre arbeitete. Die Perspective,
das schöne Spiel des Lichtes, der Ausdruck dieser vielen Ge_
sichter, die Farbe, die Harmonie dieses Werks kann niemand
leicht sich vorstellen, der es nicht gesehen; der Künstler freute
sich selbst daran, schrieb seinen Namen bei und ätzte es in
Kupfer. Schön ist seine Verkündigung zu Loreto, und eine
andere, wiewol nicht vollendete, zu Gubbio, das lilartyrthum
des heil. Vitalis in dessen Kirche zu Ravenna, und die für
den Dom zu Arezzo gemalte, nachher in die K. Gallerie zu
Florenz gekommene Barmherzigkeit. Ein ähnliches Bild ist im
Siechhause zu Sinigaglia aus der Schule des Barocci, welche
in vielen Kirchen des Staates Urbino und Umbria, und in ei_
nigen von Piceno die Gemälde ihres Meisters wiederholte;
und zwar manchmal so gut, dass es scheint, als habe er selbst
sie überarbeitet. '
Dasselbe kann man, diinkt mich , "von einigen seiner Ca_
binetbilder sagen, die man auf mehrern Gallerien wiedersieht,
wie der Anbetung Madonnens vor dem göttlichen Kinde, die
yich- in der Ambrosischen Bibliothek zu Mailand, im Hause B0_
lognetti zu Rom, in einem andern edlen Hause zu Cortona saß,
ausscrdem auch in der Kais. Gallerie zu Wien angegeben fing,
Ein Eccchomokopf ist auch oft wiederholt worden, wie manche
heilige Familien, die er wunderbar verschieden darstellte. So
ah ich den heil. Joseph im Begriff einzuschlafen, ein ander-
mal im Hause Zuccaria, wie er einen Thürvorhang aufhebt, und
in der Ruhe in Aegypten, welche aus der Sacristei der Jesuiten
zu Pcrugia in die päpstlichen Zimmer kam, wie er für dag
Jesuskind einige Kirschen pflückt; ein Bild, worin er mit Co-
reggio gewetteifert zu haben scheint. Bellori bemerkt,
dass er es öfter wiederholt, weil es viel Beifall gefunden.
Die Schule Baroccifs breitete sich in dem Herzogthume
und der Umgegend aus, wiewol sein bester Nachahmer der
Siener Vanni war, der nie in Urbino studirte. Federigo
hatte zahlreiche Schüler; da. sie aber gewöhnlich in ihrer