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Buch.
Drittes
Römische
Schule.
Dahin begab er sich also, und war schon im Monat September
dieses Jahres dort ganz fest 14).
So ist er denn in Rom und im Vatiean, zu einer Zeit
und unter Umständen, die 'ihn zum ersten Maler der Welt
machen. Seine Lebcnsbeschreiber erwähnen nichts von seiner
gelehrten Bildung, und, nach dem oben angeführten Briefe, jetzt
im Museo Borgia, zu urtheilen, könnte er fast unwissend schei-
nen. Aber er schrieb damals an seinen Oheim in Vaterländi-
scher Mundart, wie man in Venedig noch heut zu Tage, so.
gar in ölfentlichen Verhandlungen, schreibt, obwol man, wenn
es gilt, auch besser zu schreiben weiss und schreibt. Uebrigeng
stammte Raffael aus einer bürgerlichen Familie, wo es ihm
an hinliinglichen Unterricht in den ersten Jahren nicht wohl
fehlen konnte. In den Meleröriqfezz sind andere von ihm, wo
er ganz anders spricht; und sein Wissen in wichtigem Dingen
anlangend brauche ich nur anzuführen, was Lclio Calcagni-
n i, ein ausgezeichneter Gelehrter aus dem Zeitalter Leo's, zu
Jakob Ziegler sagte: „lch will nichts. von Vitruvius m-
gen, dessen Vorschriften er nicht nur verträgt, sondern auch
mit 0 triftigen Gründen und so sanft verteidigt, oder auch
widerlegt, dass kein Zeichen von Verachtung in einer Wi-
derlegung durchblickt Ü). Er hat des Papstes Leo und aller
Römer Bewunderung so erregt, dass sie ihn als einen vom
Himmel Gesendeten ansehen, welcher der ewigen Stadt ihren
alten Glanz wiedergeben "soll m)? Diese Erfahrung in der
Baukunst setzt hinliingliche Kenntnis des Lateinischen und der
14) Malvnsia Felsfna pfttr-ice. T0. I. p. 45. Einige Beweise
jedoch, dass Raffael erst 1510 nach Rom gegangen, erregen Be-
denken gegen diesen Brief. Ich höre, F'rancesconi soll sich jeizt
mit der Zeitrechnung des Lebens und der Werke RaffaePs be-
nchäftigen, Von seiner feinen Kritik lässt sich die Lösung diese;
Knotens erwarten- L.
15) Auf seine Veranlawsung übersetzte M? Fah i o C alva aus R5-
venna in den Jahren 1508 (oder 1510) bis 1520 die zehn Bücher
de! Vitruvius über die Baukunst. Das Werk findet sirh hand-
schriftlich in der Rön. Bibliothek zu München in lcl. Fnl, 273 B1,
mit der Unterschrift: Fine de! libra di uictrzzzzio archileclo h-ndacln
di lutirm in lingua et sermone pruprio et vnlgrzre da M] Fabiu
Cnlua rauenate in casa di Raphaello rli ginuan di Sacte (Snncte) du
Frbino et sua insiantia. S. Kunstbl. 1822, N. 78. PV.
Zll
Zusätze
die
Vanari,
Awsg- P-
Sinn.
223.