Zweiter
Zeitraum.
Raffael
und
seine
Schule.
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hatte. Dies Gemälde kam damals in die Franciscuskirche, ward
aber nachher unter Paul V. nach Rom geschafft und iindet
sich jetzt im Palast Borghese. Endlich kehrte er abermals
nach Florenz zurück und blieb daselbst, bis er nach Rom ging,
also bis 1508. In diese vier Jahre besonders fallen die Werke
des sogenannten zweiten Styls, wiewol darüber zu entscheiden
misslieh ist. Vasari rechnete dahin die heilige Familie der
Gallerie Rinuccini; gleichwol hat man 1516 darauf gelesen").
vVol ist im zweiten Style die Madonna mit dem Jesuskinele
und dem heil. Johannes in einer schönen, mit Trümmern in
der Ferne verzierten Landschaft, in der Tribune des Grosshcr-
zogs"), und einige andere, die auch im Auslande angeführt
werden. Die Bilder aus dieser Zeit sind in denrgcrvöhnlichern
Styl einer Madonna unter mehrern Heiligen, wie die des Pit-
ti, chmals in Peseia; und die zu Perugia in S. Fiorenzo,
welche nach England gekommen ist. Jedoch sind Gebärden,
Köpfe und kleine Züge der Composition darin, welche sie von
dem Gewöhnlichen unterscheiden. Etwas Neueres und Seltene-
res ist der schon erwähnte todte Christus. Vasari nennt es
ein göttliches Bild; der Figuren sind wenig, aber jede ist, was
sie seyn soll; die Gebärden sind höchst mitleidig, die Köpfe
sehr schön und die ersten nach dem Wiederaufleben der Kunst,
welchen die tiefe 'l'rauer und das schmerzliche Weinen die
Schönheit nicht verkümmertc. Nach diesem Werke wollte R aff a el
zu Florenz ein Zimmer malen, wenn ich nicht irre, im ölientli-
chcn Palast oder Stadthause. Es ist ein Brief vorhanden, worin
er verlangt, der Herzog von Ürbino solle darüber an den Ban-
nerherrn Soderini schreiben, von: April 1508 Ü). Sein Ver-
wandter aber, Bramante, bereitete ilun ein besseres Loo,
indem er ihn Julias ll. zu den Gemälden im Vatican verschlug.
11) Dies Bilil hält Rumnhr im Kunstbl. 1820. N. 39 für eine
Cnpie aus der Flur. Schule der Nachfolger des Michelangelo,
für das Original aber das der Iuüllßllllßl" Gallerie. W.
12) Gewöhnlich "Madonna. mit üem Stiegliiz" genannt, weil der
kleine Johannes diesen Vogel dem Cln-istuskintlc (larreicht. Stich
von R. Morgheil. Q.
13) Vasari T. V. p. 238, Sien. Ausg, Wo üer Brief an seinen
Oheim mit den Spraclifehlern des gemeinen Volks in Urbino und der
lfmgegend angeführt wird. L.