Erster
Zeitraum.
Die
Alten."
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Pietro's Styl ist etwas roh und trocken, wie der da-
nmligc überhaupt; zuweilen scheint er in der Bekleidung du
Figuren etwas armselig; so eng und kurz zugeschnitten sind
seine Oberklcider undMMiintel! Diese Mängel aber vergütet er
durch anmuthige {Jünglings- und Miidchenköpfe vorzüglich,
worin er alle Zeitgenossen übertraf, durch artige Bewegungen
und liebliche Farbe. Die blauen Felder, aus welchen die Figuren
so scharf sich hervorheben, dies Grünliche, Röthliehe, Veilchen-
blaue, das er so schön zusammen verschmelzt, diese wohl ab-
gestuften Landschaften, wie man sie in Florenz noch nicht
dargestellt gesehen, sagt Vasari, diese kunstreichen und gut
angebrachten Gebäude sieht man immer mit Vergnügen auf
seinen Bildern und den Wandgemälden in Perugia und Rom.
In seinen Altarbildern ist er nicht so mannichfaltig. Vorzüg-
lich ist in Perugia das Bild der heiligen Blutsfreunde Christi
von S. Simone, und es kann für eines der ersten wohl ange-
ordneten Altarbildcr gelten. Uebrigens kümmerte sich Pietro
nicht sehr um Neuheit in der Erfindung; seine Kreuzigungen
und Grablegungen sind zahlreich, aber einander ähnlich. So
hat er mit wenig Abwechselung eine und dieselbe Composition
immer in der Himmelfahrt Christi und Mariens wiederholt, die
in Bologna, Florenz, Perugia und Cittzl di S. Sepolcro sich
befinden. Bekanntlich ward er desshalb schon bei Lebzeiten
getadelt und verteidigte sich damit, dass er niemand bestehle.
Man kann auch noch ctwas zu seinem Schutze sagen, nämlich,
dass man Wahrhaft Schönes gern an mehrern Orten wieder-
sicht und Wer in der Sistina seinen Petrus gesehen, dem die
Gewalt der Schlüssel übertragen wird, wird in Perugia eben so
gern die Verlobung Mariens mit ähnlichem Prospecte sehen;
ja es ist dies Stück das Angenehmste, was in dieser edlen
Stadt zu sehen ist, gleichsam ein Inbegriff der hier und du
zerstreuten Compositionen Pietro's. Gedankenreicher und,
wie Manche meinen, weicher, harmonischer ist er in seinen
Wandbildern, unter welchen das Hauptwerk 32) in seiner WIater-
men, dass ich mich nicht davon überzeugen kann, üieser sei jemnls
sein Lehrer gewesen. L,
32) Diese Gemälde sind vortrefflich gestochen und uMer dem Titel
erschienen: Pitture n fiesen (Icl celcöre Pidro Perugireo helle
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