314
Zweites
Buch.
Die
Siener
Schule.
Giuseppe bildete sich zu Hause zwei Schüler. Er hatte
einen Bruder, der Priester war, Antonio genannt, dessen
Bildnis, als das eines guten Bildnismalers, unter denen der in
Florenz gelobten Maler befindlich ist. Giuseppeh Sohn
war der Ritter Apollonio Nasini, der in seiner Kunst
weniger leistete, als der Vater, ihm jedoch auch in grössem
Werken half, und einen ehrenvollen Platz unter den Zßliigß-
nassen einnahm. Zur Zeit des Nasini lebte ein Gioseffo
Pinacci, ein Siener, Schüler des Mehus in Figuren, und
des Borgognone in Schlachten. Er war guter Bildnismaler
und machte einiges Glück erst am Hof des Vicekönigs Carpio
in Neapel, dann bei dem Grossherzog Ferdinand in Florenz,
wo er einige Werke hinterliess. Sein grösstes Talent aber wal-
Kunde und Verständnis der alten Maler. Niccolo Frau-
ehini ist eben desswegen merkwürdiger, als wegen seiner Ma_
lerei. Daher er auch dem Pecci viele Nachweisungen zu sei-
nem Wegweiser gab; „auch wegen seines Verzugs," sagt der
Ritter, „ zerrissene Leinwandbilder herzustellen und ihnen ihre
alte Vollkommenheit wiederzugeben , ohne einen Pinsel zu
brauchen; wo die Farbe fehlt, ergänzt er sie mit andern Für-
ben aus werthlosern Gemälden; eine Eriindung, die kein Ande_
rer gemacht hat." Ich begnüge mich, dies Verfahren enge-
führt zu haben. Prüfen mögen es Andere! 7)
Und hier schliesse ich die Siener Schule, setze aber zu
ihrem Buhme hinzu, dass, wenn sie nicht Maler vom ersten
Range zählt B), sie doch, hinsichtlich der Zeit, in der sie
7) Eine solche Mosaik mag wol nicht gut ausfallen. Mit Kupfer,
stiichen mag dies eher angehn, dass man aus mehreren zerrissnen
Blättern ein Ganzes zusammensetzt; doch müssen die Drucke von
gleicher Kraft seyn.
8) Hier fügt Lanzi der Siener Schule grössres Ilnrecht zu, 3].
Vasari. Denn, wenn dieser der Florentiner Schule nur den Van
zug einräumte, dass ihr Cimabue der Vater der neuen Kunst sei,
was ihm vielleicht Guido da Siena llreitig machen kann, so in
dies nicht so schlimm, als dass Lanzi ihr Maler vom ersten Bange
nicht zngesfehen will. Wir finden in dieser Schule für die Zeit, wo
sie lebten und wirkten, die grössten Meiter, wie z. B, Simon d;
Martina, Lippo di Memmo, die Lorenzetti, Sodomn,
Beccafumi und viele Andere, denen Lanzi selbst grosses Lob
ertheilt. Dergleichen Missgriife entstehen nun eben aus der verglei-
chenden Schätzung, die de Piles einführte. Ein jeder Genius muss
vielmehr aus seinem eignen Miltelpunete beurtheilt werden. Q.