Zweiter
Zeitraum.
Maler in
Auswärtiga
Siena.
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wonnen und so von seinem ersten Styl abgekommen. Und in,
der That, als er stark und kräftig seyn wollte, ward er
nicht selten schwerfällig und plump in der Haltung der Figu-
ren, nachlässig in Händen und Füssen, roh in den Köpfen.
lm Alter nahm dieser Fehler zu, so dass die damals gemalten
Köpfe dem Vasari Fratzen schienen.
Sein Colorit ist nicht das wahrste, weil er es mit einem
röthlichen Schein verkünstelt, der freilich bezaubert und erhei-
tert; doch ist es reinlich, leuchtend, auf eine Weise aufgetra-
gen g dass es an Wänden sich noch jetzt äusserst gut erhält.
Wenig ist von ihm in Genua, wo Prinz Doria ihn in seinem
Palast malen liess; nicht viel in Pisa; seine Heimat aber ist
reich an öffentlichen und Privatbildern; In Wasserfarben lei-
stete er mehr, als in Oel, und mehr als andere Bilder em-
pfahlen ihn seine Wandbilder. Er Weiss sie so bewunderns-
würdig räumlich zu vertheilen und den Bauten anzupassen, mit
Grottesken und Einfassungen zu verzieren, dass man weder
vergoldete Gypsarbeit, noch andere Kunstversehwendung ver-
misst. Sie sind so glücklich erfunden, dass, wer die That-
saehen weiss, wenn er sie einmal gesehen, sie leicht sich zu-
rückruft. Er behandelt sie geistreich, würdig und lebensfrisch,
ertheill: ihnen Grossartigkeit durch Fernsichten und Anmuth durch
alterthümliehen Brauch. Endlich gefällt er sich auch ausneh-
mend in einigen tiefer liegenden und damals weniger bekann-
ten Kunstzügen, wie gewissen Feuer- oder Liehtwiderschei-
nen, manchen schwierigen, besonders fernscheinigen Verkür-
zungen, die damals in Unteritalien etwas sehr Seltenes waren.
Vasari beschreibt weitläufig das Bild der Gerechtigkeit, wel-
ches an den Fiissen sehr dunkel gehalten, stufenweise bis zu
den Schultern sich aufhellt und mit einem glänzenden, fast
himmlischen Lichte schliesst. Man kann sich, sagt er, keine
schöner abgestufte und abklingende Figur denken, geschweige
denn sehen. Pflichtet man diesem Urtheil bei, so wäre Me-
cher ino in diesem so schweren Theile der Malerei gleichsam
der Coreggio Unteritaliens; denn keiner der Neueren vor
ihm hatte so viel gewagt. Die eben genannte Figur malte
er an der Decke des Geriehtsaales der Herren, und darunter-
noch mehrere Rund- und Quadrutbilder, deren jedes eine
denkwürdige That eines Freibürgers enthält. Einen ähnlichen
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