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Buch.
Zweites
Die
Siener
Schule.
rnzzi war davon entzückt und-behauptete, er habe nie die
Gemüthsbewegungen in Ohnmächtigen so dargestellt gesehen.
Im Allgemeinen jedoch ist in seinen Gemälden ein Aussehen
und eine Mannichfaltigkeit der Köpfe, die er keinem nachge-
ahmt hat; und hierin scheint ihn Vasari zu bewundern,
Vermuthlich nahm er sie aus dem Volke von Siena, wie An-
dere aus jener Schule thaten, die in den Gesichtern etwas Fröh-
liches, Oifenes, eine angeborne treuherzige Lebhaftigkeit aus-
drücken. Oft arbeitete er ohne vorgiingige Studien, bloss hand-
fertig, besonders, als er bereits alt in Pisa, Volterra, Lucca
Arbeit suchte, woran es in Siena fehlte; aber in jedem Seiner
Bilder zeigensich Spuren eines tüchtigen Künstlers, der nicht
gut arbeiten will, aber nicht schlecht arbeiten kann. Va_
sari, der diesem Künstler sehr feindlich gesinnt ist, und ihn
meistens den grossen Narren nennt, hat dem Zufall, dem
Glück, dem Talent zugeschrieben, was er Gutes leistete; a1
Wär' er für gewöhnlich ein schlechter Maler gewesen. Hier
aber hatte ihn sein Gedächtnis verlassen; denn im Leben Me_
cherinoßs gestand er, dass Stodoma gründlicher Zeichner
gewesen; anderwärts hat er sein feuriges Colorit, das er aus
der Lombardei mitgebracht, gelobt; und eh' er seine Greises-
werke beschrieb, hatte er die übrigen oft schön, zuweilen sehr
schön und wundernswerth genannt, so dass man von ihm auch
sagen könnte modo ait, modo negat. Giovio schrieb, dem
öffentlichen Rufe folgend, ganz anders. Als er Baffaeps
Tod erwähnt, setzt er hinzu: plures pari paene gloria cerlan-
tes artem exceperunt, et in in's Sodomas Vercellensisg). Wer
befinden, und neuerlich noch einmal, jedoch ziemlich flüchtig, gesto-
eben. Es wäre wünschenswerth, dass die besten und lleixsigsten
Kupfersteeher sieh Bilder dieses Meisters und überhaupt der Siener,
noch zu wenig benutzten, Schule zu Gegenständen wählten, da
diese sich durch Schönheit der Zeichnung und Formen besonders
hiezu eignen, worauf ihr Verdienst mehr beruht, als auf Farbenzuu-
her, den doch einmal die Knpferstecherei nicht wiederzugeben
vermag, Q.
9) Bei P. dellß Vulle im supplenz. alle vila da" Gin. Ant.
Rllzzi- S. Vanari ed. sen. p. 207. Auf der folgenden: Seite scheint
ein lrrthum in der Zeitfolge sich eingeschlichen zu haben, indem,
nach B a l d in u c c i, R a z z i 1479 geboren und sein Bild des
heil. Franciscus 1490 gemalt seyn soll also in seinem elften
Jahrel? L.