Erster
Zeitraum.
Die
Alten.
271
sehen Schule ist, und an diesen Vorzügen ihn iibertrilft, wie
er hinwieder von Memmi an Geist, Mannichfaltigkeit der
Köpfe und Bewegungen, Seltsamkeit der Trachten und Neu-
heit der Anordnung übertroffen wird, Simone bahnte den
Weg zu grossriiumlichen Gemälden, indem er sie von einem
Ende eines Giebels zum andern führte, so dass man sie mit
Einem Blick übersah, wogegen Giotto die grossen Giebel in
nxehrere Räume ahtheilte, und in jeden gleichsam ein histori-
sches Gemälde setzte.
Obwol ich nicht viel von Miniaturen zu reden pflege,
so will ich doch eine nennen, die ich in der Ambrosischcn
Bibliothek zu Mailand sah, und die mir etwas Besonderes
schien. Dort befindet sich nämlich eine Handschrift des Virgil
mit dem Commentar des Servius, welche ehemals Petrarcn.
besass. Auf dem Titel ist eine Miniatur, welche vermuthlieh
wol vom Dichter selbst dem Simon aufgetragen wurde, und
wozu er die Verse fügte.
Mrmtua Virgilium qui talia carmina finxit,
Senw tulit Simonem, dzgiln qui talia pinxit 23).
Dieser Künstler stellte Virgil sitzend und sich zum Schreiben
anschickend dar, wie er himmelwärts gewfrndet die Gunst der
Musen anfleht. Vor ihm steht in kriegerischer Gcbärde Ac-
neas, und stellt, auf seinen Degen deutend, den Gegenstand
der Aeneis dar. Das Hirtengedicht wird von einem Hirten,
und das Feldbaugedicht durch einen Aekersmann dargestellt,
beide auf niedererm Plan dem Gesange lauschend. Unterdessen
zieht Servius einen Vorhang von feinem und durchsichtigem
Schleier an sich, anzudeuten, dass er mit seinen Bemerkungen
das, was in jenem göttlichen Dichter dem Leser dunkel und
ungewiss bleiben könnte, enthüllt. S. C a rl o B i n n c o-
ni's Brief, in den Lett. sen. T. II. p- 101, WO 61' die Urei-
Zugleich aber übertraf auch Simon seine Zeitgenossen und Vorgiin.
ger, elbst den lrerühnllen Giotto, an Darstellungsfähigkeit. See-
lenvoller im Ausdruck der Mienen und natürlicher und richtiger, Im-
sonders im Grossen, stellte Keiner dar, als er, und Anmuth ist ihm
vor seinen Zeitgenossen besonders eigen. Diese Fähigkeit mochte ihn
wnl verleiten, selbst Unerreichlzares zu unternehmen und durch so
grosse Versuche wurde die Ausbildung der künstlerischen Fähigkeit
gefördert. Q.
23) ßlillin Voynge rlans lepßlilanais, T0. l, p. 203.