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Zweites
Buch.
Die
Siener Schule.
wetteiferte dort mit Taddeo Garldi, der wol gewisser ein
Zögling der verbesserten und so zu sagen ernsteru Giotto,
vella in Florenz betrifft, so stimmt es allerdings nicht mit der Zeitrech-
nnng überein, dass Simon schon damals Donna Laure könne ge.
sehen Italien, als er dieses grosse allegorische Gemälde ausführte. An.
dere haben dieses schöne Frauenbild für Fiammetts, die Geliebte de;
Boccnccio, gehalten, weil aus dem Busen am Suume des Kleides eine
Flamme hervorlodcrt; was aber auch nicht. wohl scyn kann, da Bon
caccio erst später Fiammetta kennen lernte und dies Bild schon um
1332 gemalt war. Agincaurt liist de I'm? p. l. monumens T0111. l[_
png. lll. Nule Eine ausführliche Erwähnung dieser grosscn
Malerei findet man bei Gi'zzseppe Riclia Nolizie stariche delle
olaiese jinrenlfne und nach ihm in den Lelt. Srm. T. II. P. 3g_
Ausserdem dass diestVaxitlgt-mitltle wegen der darin angebrachten
Bildnisse wichtig ist, bezeichnet es eine eigne Epoche der Kunst in
dntellectueller und technischer Hinsicht und hätte daher wol eine
ernstere Betrachtung verdient, als Lanzi ihm schenkt. Es zeigt sich
in diesem tYerke das Hervortreten des Dichtergeistes, der in der M].
denden Kunst erwachte, als Dante seine göttliche Comödie gesun-
gen hatte. Dies rief in dem Gemüth des Simon, so wie ßndrgl-
grosser Maler, Bilder hervor, welche zu umfassend sind, als dass
sie Geschichtsmulcreien genannt werden könnten, und von zu erhs-
benem Sinn, um allegorische Gemälde zu heissen, welche immer
nur Anspielungen einhalten und nie gerade auf den Gegenstand
losgehen. Dns Historische und Allegorische in solchen grossen
Bildern, die wir wellhistorische Bilder nennen möchten, ist intime,-
einer hohen Idee und tVcltanschauung unterworfen, das Historisch-
einzelne darin und das anspielenti Allegorische ist nur dienend, und
steht immer nur in Bezug auf etwas Höheres und Allgemeinercs so
auch in diesem in jedem Sinne grossett Gemälde, durch welches S i__
mon wol alle Liehrigeit seiner Zeit und unmittelbaren Nachfolger
üherhotemhat. Sim on scheint die Idee der christlichen sichtbaren
und himmlischen Kirche in ihrer Einheit und Verschiedenheit aufge_
fasst zu haben und darstellen zu wollen, wie sie auf der Erde
im Kampf gegen lrrlehre, in Kunst und Wissenschaft sichtbar, und
als Seligkeit im Ueherirdisclten im Himmelreich otfenbsr wird. [m
Vorgrunde kämpfen weiss- und schwarz- gedeckte Hunde, die eine
Hcerde Schnnfe beschützen gegenWVölfe, wodurch er den weiss- und
schwnrz- gekleideten Predigernrdeti und dessen Kampf gegen Ketzer,
die die Heerde Chrisi wie Wölfe anfallen, andeutete. In der Mitte
steht die sichtbare Kirche. Als Vorbild nahm er den damals neuer-
bauten Dorn zu Florenz S. lklaria del Fiore, und versammelte an
dessen Stufen die durch Kunst, {Wissenschaft und Leben berühm-
testen Männer und Frauen. Hoch über dieser sichtbaren Kirche auf
Erden ziehn die seligen Geister auf einer Brücke, die über einen
Abgrund führt, in das Reich der Seligkeit ein. So weit auch diese
Idee nusser dem Gebiete der bildenden Kunst liegt, so gross ist doch
die Kühnheit des Künstlers, der sie darzustellen unternahm, und in
einer Kunstgeschichte darf diese grossartige Verirrung der Malerei in
Iltis Reich der Poesie nicht übersehen wcrtlen, zumal du. sie von
Folgen war. Wo die ltiltlliclte Darstellung nicht ansreichte, ward
zur Andeutung, Vergleichung, Allegorie Zullucht genommen, und
durch Meister Simon scheint diese Darstellungstveise zuerst in Ant'-
nnhtne, wenigstens zur Austiihrung im GFOSSEII gekommen zu ßeyxi.