XXX
Ueber
Lanzfs
Kunstansicht.
chend, nur die Leser darauf aufmerksam zu machen, dass
alle die Aussprüche Lan zi's daraus hervorgegangen sind,
welche auf eine vergleichende Werthschätzung und auf
Bewunderung kräftiger und überraschender Wirkung hin-
auslaufen.
Nun traten jedoch bald zwei Männer auf, welche es
ernster mit der Kunst meinten. Der eine, selbst Maler,
war in allen Theilen der Ausübung seiner Kunst wohl
erfahren, gründlich gebildet, und leistete daher bei wenig
Phantasie zwar, doch richtigem Verstande und feinem
Sinne sehr viel Schätzbares, was auch grosse Anerken-
nung erhielt. Wie weit jedoch Talent ohne Kraft des Ge-
müths, Verstand ohne Phantasie führen kann, sehen wir an
Anton Baffael Mengs Werken." Ohne dass man be-
stimmt uud im Einzelnen ihn einer Amnassung fremden
Eigenthums überführen könnte, sind seine Bilder doch
voller Nachgeschmäcke. Eins der merkwürdigsten und
berühmtesten ist in dieser Hinsicht sein Parnass in der
Villa Albani bei Rom. Der Apoll in diesem Bilde erin-
nert durch Kälte an Marmor; einige von den Musen durch
runde Gesichter an Guido und Guercino, noch wie-
der andere Gestalten endlich in langfaltigen Gewändern
an laltrömische Malereien. Ebenso mahnt die Himmel-
fahrt des Heilands in der Kirche zu Dresden an die
Transiiguration, ohne dass man geradezu erborgte Stel-
len nachweissen könnte. Schon Mengs 's Vorgänger hat-
ten jeder sich einen ältern'"Lieblingsmeister zum Muster
gewählt und so eine jede Manier (denn nur Manier ist
nachzuahmen, mit dem Beinen und Edeln ilässt sich nur
wetteifern), bis zum Üeberdruss Wiederholt, oder auch nur
das Auffallende gesucht. Mengs musste daher, da er
nicht. einzelne Manieren lediglich auffrischte, sondern in
der Weise, ich kann nicht sagen, im Geist, grosser Mu-
ster arbeitete, sie mit feinem Sinn auffasste, wenn auch
nicht mit Seele durchdrang und sich aneignete, doch allen
Zeitgenossen vorgezogen werden und grössern Beifall er-
halten. Dass er aber dies für das Rechte hält, verbirgt
er nicht; er zeigt es in seinen Werken und spricht es in
seinen Schriften aus.