260
Zweites
Buch.
Die
Siener
Schule.
den Deckeln bemalt (D. V. T. I1. p. 273.); und beweisen,
dass diese Miniaturmalerei nach und nach zu grössern Werken
führen konnte. Alle aber haben mehr oder weniger von Grie-
chischer Zeichnung, mochten nun unsere Maler ursprünglich
von Griechischen, die hier und da in Italien zerstreut lebten,
Vunterrichtet werden, oder auch sich nicht über die Griechischen
Vorbilder hinauswagen.
Die ältesten Bilder der Stadt, die Madonna dclle Grazie,
di Tresa, di Betlem, ein heil. Petrus in seiner Kirche, und
ein Täufer zu S. Petronilla mit vielen Gesehichtchen umher-
werden vor 1200 gesetzt; aber man weiss nicht, ob sie von
Italienern sind, wie jedoch Einige nach den Schriftzügen, dem
Gyps und der Zeichnung meinen. Unter den beiden letztern
steht der Name des Heiligen in Lateinischer Schrift; dies
weiset aber noch keinen Lateinischen lllalcr. Auf den Venezia-
ner Mosaiken, auf der Madonna di Camerino, die aus Smyma
kam 7), und auf andern Griechischen Gemälden in mein-cm
Städten, welche kein Griechisch verstanden, linden sich, wie
auf Statuen 8), Lateinische lnschriften. Auch beweiset das Yen
fahren, auf eine mit einer Goldlage und dann Farben lletleckfe
Gypslage zu malen, wie man es auf alten, gewiss ltilllSChgn
Bildern bemerkt, noch nicht, dass es Werke von Italienern
sind; ich habe dies Verfahren mehr als einmal auf ganz sicher-
lieh Griechischen Doppelbildcrn bemerkt. Die Zeichnung ferner
de1-_Gesichter, das Starre im Blick, die Zusammenstellung der
Handlung, alles erinnert an Griechische Arbeit. Mithin konn-
ten diese Bilder von einem Griechen, oder Wenigstens einem
Schüler, oder Nachahmer der Griechen herrühren. Woher,
und wenn er gekommen, ob er zuerst die Kunst dahin gebracht,
ob er diese Bilder in Siena gemalt, oder anderswoher gesendet
habe, wer will dies erforschen? Gewiss scheint, dass unter den
Sienern die Kunst schnell ansetzte, wurzelte und Sprossen
trieb
i
7) Dort ist eine Verkündigung mit dem Verse: Virga parit Clzn".
tlum velut Angelas inlimat ipso (sah). L.
S) Am Dom daselbst sind zwei Löwen, wo in Griech. und Latein,
gemischter: Schriftzügen zu lesen ist: Malzisler Tlwxrle fevit (fecit)
z! fcvil ßeri ambos istox. L.
9) Lrlt. SEHEN T. I. Pinure pii: anlicke, p. 208. 211. 221