Die
Cox-lonisten.
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Besondern das Allgemeine zu erkennen, Die ist aber eben, was ihr
noch zu leisten in reichem Masse übrig bleibt und worin sie ein
unumschränktes Gebiet sich erobern kann. Dunkel zwar ist es von
Vielen geuhnet und ausgesprochen: worden, von Solchen, die den
Künstler auf das Studium der Natur und der Antike hingewiesen Im.
Vben, freilich oft nur in der Meinung, blos correcte Zeichner zu bil.
den, ohne den tiefer liegenden Lebensquell zu ahnen; denn die Na-
tur ist nicht hlos bedeutsam, wie ein neuerer Schriftsteller über Kunst
sagt, sondern vielmehr an sich bedeutend, inhaltsv-oll. Um für die
Kunst ein Feld zu gewinnen, welches die neuere Kunst vernachläs.
sigte, wiire wol nöthig, dass nicht nur der Kunstsiun auf Natur ge-
richtet wiire, sondern dass das ganze Zeitalter dnrchgehildet, auch
Sinn für Naturschiinheit hätte und dieser zwar so von innen ent-
wickelt wäre, dass Wahr und Natürlich nicht mehr dem Idealen
entgegengesetzt, sondern mit jenem übereinstimmend würde. Denn
dieses disparate Entgegensetzen des Naturgemiissen und Idealen,
Welches auch in LanzPs Schriften so häulig vorkommt und so
gewöhnlich ist, entsteht blos aus einem Misverstelien des Einen und
des Andern, indem unter Natur nur eine Unendliche, empirisch auf.
gefasste Menge einzelner Erscheinungen von Arten , Abarten, ja Aus.
artungen, und unter Ideal ein nicht aus einem innern und höhern
Grunde I-Iervorgegnngenes, sondern blos nach einer Maxime Gebil-
detes, verstanden worden ist da doch das Ideale der Kunst nichts
Anderes, als ein mit der Natur übereinstimmendes, aus geistigen Er-
kenntnissen und Forderungen hervorgegangenes Bild der Naturen-
schaunng, eine aus dem Geiste wieder geborene Natur ist, Haben
die Mächtigen und Einilussreichen die Kunst vom rechten WVege ab-
gelenkt, so wäre zu wünschen, dass sie nun ihr die Richtung gäben,
wo sie allein noch sich zu entfalten und viel zu leisten vermochte.
In den neusten Zeiten wurde von Königen und [Fürsten sehr viel
für Kunst gethan; nb auf die rechte Weise, das wird erst die Erfah-
rung lehren. Die t-irossherzöge Ferdinand III. und Leopold II. stehen
den übrigen ltunstbefördernden Herrschern in Europa nicht mach.
Der Grnssherzog Ferdinand III. hat edel und freisinnig, bei seiner
Rückkehr nach Florenz, die während der Zwischenregierungen ge-
trotienen nützlichen Einrichtungen bestätigt und noch reichlicher aus-
gestattet. Besonders ist die Gallerie der Akademie ireigebig mit
Kunstwerken beschenkt worden. Zu den Gemälden im Palast Pitti kann
die jetzt unter der Benennung del Gran Duca bekannte Mado n nn
hinzu, welches Werk der innigsten und reinsten Liehe Raffael mit der
ganzen Fülle jugendlichen Gemüths und gereiften" Kunstbildung, also
im schönsten Augenblick seiner Elntwicklnng, hervorhrachte. Ferner
erhielt die Gallerie des Palastes Pitti das Bildnis einer bejahrten Daune
von Leonardo und unlängst hat der Grossherzog Leopold Il. zwei
vorzügliche Portraits von Raffael gekauft Dies sind nur die
in die Augen fallendsten Belege zu dem, was der gegenwärtige Gross-
lierzog und sein hochverehrtei- Vater für die Künste thaten, aber bei
weitem nicht Alles, was sie Trettliivhes, aber prunklos gewirkt haben
und was nun höchst segensreiche Früchte trägt. Q.