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Florentiner
Schule.
Dritter
Zeitraum.
Philosophie, dass jeder die seine allen übrigen verzieht? Be-
merkte dies nicht Petrarca an allen Menschen, wenn er
sagte: „wie mag es kommen, dass seiner Weisheit jeder sich
erfreut?" Was also diesem Dichter und Philosophen eine
Schwäche des menschlichen Geistes schien, verzeihe man dem
Vasari, und sage bei manchen Stellen, die doch selten sind,
was man von Tacitus sagte: seine Grundsätze verwerfe ich,
seine Geschichte aber lobe ich. So dachte auch wol Lomaz-
zo, der, wenn auch nicht ganz mit seinen Urtheilen zufrie-
den, doch Vasari nicht blos entschuldigte, sondern vertßL
(ligtezo); und das mit Hecht.
Er bleibt doch der Vater der Geschichte der Malerei, und
hat uns die köstlichsten Nachrichten darüber aufbewahrt. In
der bessern Zeit der Malerei gebildet, hat er gleichsam die
Meisterschaft des goldenen Jahrhunderts verewigt. Wenn ich
seine Lebensbeschreibungen lese, so glaube ich diejenigen selbst
zu hören, von welchen er seine Ueberlieferungen und Vorschrif.
ten sanimelte. S0 erzählten, sage ich bei mir selbst, Raffael
und Andrea ihren Schülern; so sprach Buonarroti; so
hatten Giorgiow Freunde von Vinci und Porta erfah.
ren und ihm wieder erzählt. Mich ergetzen die Sachen und
die Art, wie sie wiulergegeben werden, klar, einfach, nati11-_
lieh, in Florentiner Kunstausdrücken, die keines Kunstrichters
unwürdig wären. Finde ich endlich in ihm, dass ihn seine
Bildung, oder auch, wenn man nillß, seine Eigenliebe üben
rascht hat, so scheint es mir nicht gerecht, darüber sein Gu_
tes zu vergessen und sofort Lärm zu schlagen.
Noch muss ein Verdienst Vnsarißs um die Kunst erwähnt
werden, nämlich die von ihm hauptsächlich in Flnrenzl um
1561 gestiftete Zeichnenakademie. Es gab freilich seit dem
14. Jahrhundert schon eine Gesellschaft des heil. Lucas; aber
sie war im Verfall, beinnhe eingegangen; daher fasste F. Gim
Angiolo Montorsoli, der Servite, ein berühmter Bild-
hauer, den Gedanken, sie wieder zu beleben. Er theilte dem
Giorgio seinen Vorsatz mit. Dieser förderte ihn dergestalt
bei Cosimo l., dass die Gesellschaft bald wieder in,s Leben
[den de! tempio eec.