Vinci ,
Buonarroti
143
tigkeit wegen habe kein Schüler lange bei Andrea aushalten
können, wie es dem Vasari selbst erging. In der zweiten
Auflage aber verschwieg er, ob bereuend oder versöhnt, diese
Schmach, nicht aber, dass sie ihrem Manne unaufhörlich Noth
gemacht. Er bemerkte wieder, Andrea sei vom König von.
Frankreich, Franz 1., an den Hof berufen werden, hätte
dort angenehm, reichlich belohnt und beneidenswerth leben
können, habe sich aber von Lucreziens Weiberklagen bestimmen
lassen, nach Florenz zurückzugeben, sein dem Könige eidlich
gegebenes Wort gebrochen, und sei in seiner Vaterstadt ge-
blieben. Spiiter habe er dies bereut, und sich in seine früh-
ere gliicklicheliage, aber vergebens, zuriickgewünscht 55). So
schwand er an Eifersucht und häuslicher Noth dahin, bis er,
von einer Ansteckung ergriden, von seiner Frau und Andern
verlassen, 1530, schon im 42. Jahre starb und sehr armelig
bestattet wurde. _
Zwei, die sich ihm im Geschmack am meisten näherten,
waren Mai-eo Antonio Francia Bigi, wie ihn Baldi-
nucci nennt, oder auch Franeia, nach Vasari, und Pon-
tormo. Der erste war einige Monate ein Schiller Alber-
tinelli', und bildete sich nachher, wie es scheint, nach
den besten Mustern der Schule; und Vasari hat wenige so,
wie ihn, in der Anatomie, der Perspective, der täglichen
Uebung, das Nackte zu malen, und in dem ausserordentlichen
Fleisse gelobt. Ehemals war in S. Pietro maggiore eine Ver-
kündigung von ihm; kleine, höchst vollendete Gestalten mit
sehr schönem Bauwerk, jedoch nicht ganz frei von aller Trok-
kenheit. Andrea, mit welchem er sich befreundete und ge-
meinschaftlich arbeitete, führtedihn zu einem höheren Style
an. F rancia ward aus seinem Gefährten sein eifrigster
Nachahmer; nur gelang es i-hm nie, weil er minder begabt
war, seinen Figuren so viel Sanftheit im Ausdruck, so wahre
Zärtlichkeit und natürliche Anmuth zu geben. Im Kloster
della Nunziata befindet sich ein Fensterbogen mit der Verlobung
Marions neben Andre a's Werken. Man erkennt darin einen
l
65) Man agt, Andrea habe das Opfer des Abraham gemalt. um
Franz I. Gunst wieder zu erlangen. Der König nahm dies Bild von
ihm nicht im und Andrea blieb in Ungnade, Das Opfer Abru-
hams in der Dresdner Gallerie wird für dasselbe Bild gehalten. Q.