Volltext: Geschichte der Malerei in Italien vom Wiederaufleben der Kunst bis Ende des achtzehnten Jahrhunderts (Erster Band)

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Florentiner Schule. 
Zweiter 
Zeilraum. 
ler nichts, als der Tag des Zornes Gottes. Von Raffael sah 
er sich jedes andere Lob weggenommen; nur in diesem konnte 
er den Sieg davon tragen, und vielleicht hoffte er, dass die 
Nachwelt ihn den Ersten nennte, wenn sie ihn im Schwierig. 
stcn der Kunst die erste Stelle einnehmen sah. Dies deute; 
Vasari, sein Vertrauter und ihm Gleichgesinnter, in zwei 
Stellen seines Lebens an (S. 245. 253.). Er bemerkt, das; 
er auf die Hauptaufgabe der Kunst, den Menschenkörper, ge- 
richtet, den Zauber der Farben, die Launen, die neuen Ein- 
fälle verschmähte; und weder Landschaften, sagt er, sind da zu 
sehen, noch Bäume, noch Hüuser, nicht einmal gewisse 
Mannichfaltigkeiten und Annehmlichkeiten der Kunst, welche 
er nie beachtete, weil er vielleicht als grosser Geist sich zu 
dergleichen nicht erniedrigen mochte. Ich kann indessen in 
Michelangelo einen so albernen Hochmuth, eine solche 
Unbesorgnis "nicht voraussetzen, sich in einer Kunst zu ver- 
vollkonimnen, welche die ganze Natur zum Gegenstande hat, 
und sich nicht auf Eines, wie das Nackte, oder auf einen 
Ausdruck, das Schreckliche, beschränken kann. Vielmehr 
glaube ich, er suchte keinen andern Weg, weil er ich stark 
genugfühlte, diesen zu wandeln. Diesen durchlief er denn, wi, 
sein Feld und, was nicht zu loben ist, hielt hier kein Maas, 
duldete keinen Zügel; und o überfüllte er das Weltgerichg 
mit Nacktheit, dass beinah darüber das Werk verloren ging_ 
Paul lV. wollte Zucht und Anstands wegen dies Bild Weisg 
iibertünchen lassen und liess sich kaum gefallen, dass die 111833- 
lose Ausgelassenheit") von Daniel Volterra mit einigen 
Hüllen verdeckt wurde, wofür denn das stets witzige Rom 
diesem Künstler den neuen Spitznamen brackettone (Hosen- 
kiinstler) ertheilte 49).  
Mehrere Kunstrichter haben daran andere Verbesserungen 
im Zeit- und Sittegemässen, und in der Kunst gewünscht, 
Man hat ihn getadelt, dass er Heiliges und Gemeines ver. 
44) EI giebt eine Verschämtheit, welche unverschämt wird, wie 
diene, welche eine Ilnsterblichkeit und Wiederauferstehung der Klei- 
der, wenigstens einiger Lappen, uns anfdringt. Q. 
45) Lett. pitt. Tn. III, p. 227. Sezlvator Roxa Sat. III, 
p. ßäf. (Londr. 1823. 3,) L.
	        
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