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Florentiner
Schuleo
Zweiter
Zeitraum.
Nachdem dieser berühmte Künstler sein 63stes Jahr er-
reicht, scheint er der Kunst für immer entsagt zu haben.
Franz der I., der um 1515 seineh Speisesaal in Mailand") sah
und ihn, aus der Mauer gesägt, nach Frankreich schaffen lassen
wollte, aber sein Vorhaben nicht ausführen konnte, suchte lieber
den Künstler selbst, wie alt er auch war, zu bekommen. Er lud
ihn an seinen Hof, und VinePn konnte es nicht chwer an-
kommen, sich von Florenz zu trennen. Seitdem er dahin zu-
riickgekehrt war, hatte er in dem Jüngling Buonarroti Clngn
Nebenbuhler gefunden, der schon mit ihm um den Preis rang,
ja ihm in Aufträgen von Florenz und Rom vorgezogen worden
war, weil er Werke gab, wo Vinci, nach Vasari, nur
Worte H). Bekanntlich feindeten sie einander an; und Lio_
nardo, für seine Ruhe besorgt, deren man bei Wettkämpfen
nicht geniessen kann, ging nach Frankreich, Xwo er ohne
etwas gemalt zu haben, im Jahr 1519 tarb 23).
Sein Styl, wie nachahmungswürdig auch, fand in Florenz
nicht soviel Nachahmer, als in Mailand. Dies ist kein Wunden
Vinci hinterliess dort kein öffentliches Gemälde, zog keinen
Schüler, und scheint auch in Florenz jenen Salai, den wir
unter den Mailändern betrachten wollen, nur als Diener und
Gesellen behandelt zu haben. Man sieht dort Gemälde von
Unbekannten in Händen von Privatleuten, die von Vinci zu
kommen scheinen; ja die Aufkäufer schreien sie wol dafür
aus und sagen ganz ernst dabei, sie kosteten viele Zeßllingyh
Sie könnten von Salai, oder andern Nachahmern VincPs
seyn, die seine Cartons, seine Skizzen und seine wenigen
Bilder benutzten. Nach der Geschichte gehört ihm mehr, 313
ein anderer Florentiner, Lorenzo di Credi, dessen Stamm
die Sciarpelloni waren. Unter Verrocchio gebildet, wie
21) L. meint den in S. Maria delle Grazie. Q.
22) Um dieser Langsamkeit willen ward ihm auch Leo X. ungg-
Wogen, und erwies ihm nicht die Gunst, die er jedem Tüchtigen er-
wies. L.
23) Im Museo zu Paris sind mehrere tremiche Werke von ihm, die
L da Vinci doch wol in Frankreich gemalt hat, wie z. B. da.
Bild der Geliebten Franz I. und auch da. VincPn berühmte Mm-
ria, genannt Ia Vierge nur Hackers, vortrefflich in Kupfer gesto-
chen von Boucher Deunoyerw. Q.