F lorentiner
Schule.
Abschnitt.
den im funfzehnten Jahrhundert nicht, wie jetzt, getrennt von
ihrer Verzierung, gefertigt. Erst arbeitete man die Altar-
schreine mit Doppelthiiren, auch Gottesschreine, oder Altär-
lein genannt 47), aus Holz, die in mehrern Theilen Italiens
Ancane heissen, und verzierte sie mühsam mit Schnitzwerk 48).
Die Zeichnung dieser ancone war nach Art deutscher, oder
sogenannter gothischer Baukunst, wie man sie an den Vorder-
seiten der Kirchen jenes Jahrhunderts sieht. Die ganze Ar-
beit ist überladen mit Kleinigkeiten, Heiligenschreinchen, Pi-
ramidchen, kleinen Bilrlerblenden; auf der Tafelfläche sind hier
und da eine Art Thiiren oder Fenster angebracht, mit halb-
kreisigen, oder Spitzixogen nach der damaligen Mode. Zuwei-
len hab' ich auch in der Mitte kleine Standbilderchen in halb-
erhabener Arbeit gesehenß). Mehrentheils brachte der Maler die
Figuren, oder Brustbilder der Heiligen darauf an. Zuweilen
wurden ihm auch wol wie kleine Felderchen gelassen, worauf
er malte. An den Altärchen ward oft ein stuliger Unterbau
angebracht, wo in mehrern Abtheilungen ebenfalls Scenen aus
dem Leben Christi, der Maria, der Martyrer, wahre, oder auch
erdichtete 50), angebracht wurden. Die Holzarbeiter waren auf
47) Es war altchristlicher Brauch, bei dem Messopfer auf den Al-
tären silberne oder elfenbeinerne Fliigelschreine zu haben, welche,
nach verrichtetem Gebrauch, wie ein Buch zugeschlagen und fort-
getragen wurden. Man behielt diese Form bei, auch nachdem die
größer-n Tafeln eingeführt Waren, die auch doppelt und tragbar wg-
ren; und dieser Brauch, wovon ich in ltßlien wenig Ucberbleibsel
gesehen, erhielt sich in der griechischen Kirche lange. Endlich fing
man nach und nach an, bloss lauf eine Tafel zu malen. S. Bun-
narroti velri anticlzi p. 258- 3- 1..
Ancona ist übrigens ein solcher Schrein genannt, wegen seiner
Biegsamkeit, Zusammen- oder Einlegbarkeit denn das WVm-t ist mit-
tels aynwu, Ellenbogen, Bucht, verw. mit ayuoc, Jynac, aneus,
uneus, Jyw, biegen, Anke, Ulnkcl. W.
48) Die zierlichsten Altaraufsätze und Gotteuschreine sah ich in
der Gallerie der Akad. zu Bologna. Q,
49) Auf Torcello, einem Inselchen Venedigs, ist ein altes Bild
des Heil, Hadrian, sehr verständig geschnitzt, umher gemalte Sceuen
aus des Heiligen Leben. Der Styl ist schwach, aber nicht Grie,
chisch, L,
50) Ich bemerke diesen Umstand, weil gemalte, oder auch ge-
achnitzte Scenen in minder gebildeten Jahrhunderten oft in -Verle4
genheit setzen, und man nicht Rechenschaft davon geben kann, wenn
man nicht zu fabelhaften Büchern, denen man damals glaubte, seine
Zuflucht nimmt, Für die Thaten Christi undtder Maria kann man