Volltext: Geschichte der Italienischen Malerei vom vierten bis ins sechzehnte Jahrhundert (Bd. 2)

Buch. 
Kapitel. 
da Vinci. 
Lionardo 
Studie desselben Kopfes in Windsor (Nr. 18). In der Grösse des 
Originals endlich kehrt derselbe noch einmal in einer Kohlenzeichnung 
des Louvre (Br. 213) wieder, von der sich indess nicht mit Bestimmt- 
heit behaupten lässt, dass sie eigenhändig ist, während dagegen die 
Rothstiftzeichnung der Albertina (Br. 91) eine grobe und missverstandene 
Kopie nach dem Gemälde ist. Von Zeichnungen nach dem Kopf der 
Madonna kennen wir eine spätere ziemlich geringe, formenstumpfe in 
der Ambrosiana (Br. 65), Während die Kohlenzeichnung in der Alber- 
tina (Br. 92) grösseren und doch nicht unbestreitbaren Anspruch auf 
Originalität hat. Endlich ist noch eine Studie zum Gewande der 
Madonna im Louvre (Br. 181), eine sorgfältige, in Bister ausgeführte 
Handzeichnung des Meisters, zu erwähnen; dazu kommen schliesslich 
noch eine Röthelstudie zu den unteren Theilen desselben Gewandes in 
Windsor (Nr. 99), sowie zum Aermel der h. Anna ebenda (Nr. 70) und 
nochmals, aber in umgekehrter Anordnung, in Kohlenzeichnung (Nr. 78). 
Die unruhigen Zeiten, welche durch die fortgesetzten Kämpfe um 
den Besitz Mailands herbeigeführt. wurden, veranlassten Lionardo, sich 
nach einem andern Platze für sein Wirken umzusehen, und da grade 
in Leo X. ein Mediceer den päpstlichen Stuhl bestiegen hatte, verfiel 
die Wahl des Künstlers auf Rom, wo er sich von dem neuen Papste 
_Förderung versprach. Am 24. September 1514 brach er in Gesellschaft 
seiner Lieblingsschüler Andrea Salaino und Francesco Melzi dahin auf. 
Die Fürsprache des Vorstehers der apostolischen Kanzlei Baldassare 
Turini suchte er dadurch zu erlangen, dass er für diesen zwei kleine 
Bilder malte, das Porträt eines sehr schönen Kindes und eine Madonna, 
an welche er den höchsten Fleiss der Ausführung wandte. Merkwür- 
diger Weise War auch hier der Künstler in der Wahl der technischen 
Mittel so unglücklich, dass das Madonnenbild schon zu Vasarfs Zeit 
sehr verdorben war. In der That erhielt er von Leo X. den Auftrag 
zu einem Bilde. Als der Papst jedoch hörte, dass Lionardo sofort an- 
gefangen habe, Oele und Kräuter zur Herstellung des Firnisses zu 
bereiten, soll er nach Vasari's Bericht geäussert haben: O weh, der 
wird nie etwas zu Stande bringen, da er noch vor dem Anfange des 
Werkes schon an das Ende desselben denkt.  
Etwas Anderes wirkte aber noch mehr auf Lionardo ein, um ihm 
Rom zu verleiden. Während er in Florenz noch an seinem Schlacht- 
karton gearbeitet hatte, wusste der junge ehrgeizige Michelangelo es 
dahin zu bringen, dass man ihm ebenfalls den Auftrag zu einem 
Gemälde im grossen Rathssaal ertheilte. Sein Karton der badenden
	        
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