Volltext: Geschichte der Italienischen Malerei vom vierten bis ins sechzehnte Jahrhundert (Bd. 2)

Buch  
Kapitel. 
Lionardo 
Vinci. 
frau von verschiedener Grösse mitzubringen. Auch wünsche er zu 
wissen, wo er seine WVohnung erhalten werde, und ob, da er doch für 
den allerchristlichsten König gearbeitet habe, sein Gehalt fortlaufe oder 
nicht. Als im folgenden Jahre 1512 Massimiliano Sforza, der Sohn 
des Moro, sich mit Hülfe von schweizer Söldnern Wieder in den Besitz 
Mailands gesetzt hatte, bestätigte auch dieser dem Künstler jenes Recht 
auf die Wasserkraft. 
Zu den in dieser Zeit entstandenen Werken gehört wahrscheinlich 
das grosse Bild der Madonna auf dem Schooss der h. Anna, welches 
sich jetzt im Salon quarrc des Louvre befindet. (Fig. 10). Diese 
Darstellung war schon im Mittelalter beliebt, wurde indess so auf- 
gefasst, dass Maria selbst wie ein kleines Mädchen neben dem Christus- 
kinde auf dem Schooss der h. Anna Platz fand. Lionardo stellt dagegen 
die h. Jungfrau erwachsen dar und lasst sie sich. zu dem Christus- 
kinde, welches eben ein Lämmchen besteigen will, herabneigen, in der 
deutlichen Absicht, den Kleinen von seinem Spiel abzulenken und ihn 
zu sich zu nehmen. Mit holdem Lächeln bliclzt die h. Anna, den 
linken Arm lässig in die Seite gestützt, diesem lieblichen Spiele zu. 
Den Hintergrund bildet wieder, wie so oft bei Lionardo, eine Alpen- 
landschaft mit phantastischen Felsfbrmen, den idyllischen Charakter 
der Scene verstärkend. Man muss gestehen, es war ein Wagniss des 
Meisters, eine solche rein genreliafte Composition für diesen Gegenstand 
zu Wahlen. Auch wird man die Art, wie der Körper der Madonna die 
Gestalt der h. Anna überschneidet und verdeckt, vielleicht nicht schön 
finden. Dennoch hat der Künstler durch das anmuthige Motiv in der 
Bewegung der h. Jungfrau und in dem süssen Liebreiz ihres Kopfes, so- 
wie durch den trotz des zierlichen Haarputzes grossartig huldvollen Kopf 
der h. Anna den ganzen Zauber seiner hohen Kunst ausgesprochen. 
Und vollends das harmlose Spiel des Kleinen mit dem Lamm ist von 
entzückender Natürlichkeit. Indess hat das Bild erheblich gelitten, der 
Kopf der Madonna ist stark verwaschen, das Gesicht der h. Anna, 
sowie das des Kindes wird durch zu schwere Schatten entstellt, und 
es fragt sich, ob wir "ein durchweg eigenhändiges Werk des Meisters 
vor uns haben. Auch der etwas kühle röthliche Ton des Fleisches 
flösst einiges Bedenken ein. Das Bild befand sich in der Samm- 
lung des KardinalsjRichelieu, von wo es nach dessen Tode in die 
königliche Galerie gelangte. Eine treifliehe Kopie desselben von Sa- 
laino's Hand, ehemals in S. Celso zu Mailand, befindet sich jetzt 
in der Galerie Leuchtenberg zu Petersburg. Andere alte Schul-
	        
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