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Buch,
Kapitel.
Lionardo
Wnci
indem er sagt, dass Lionardds Werke in Italien und besonders in
Mailand jeden, der dieselben gesehen, mit Bewunderung und Liebe für
ihn erfüllen müssten. „Aber nachdem wir", so fährt er fort, „ihn per-
sönlich kennen gelernt und seine verschiedenen ausgezeichneten Eigen-
schaften selbst erprobt haben, sehen wir in Wahrheit, dass sein Name,
obschon berühmt wegen seiner Malerei, dunkel erscheint im Vergleich
zu dem Lobe, welches er wegen seiner übrigen ausserordentlichen
Gaben verdient, und wir müssen bekennen, dass er durch seine Lei-
stungen in allen Dingen, welche wir ihm aufgetragen haben, in Zeich-
nungen, Bauwerken und anderen Gegenständen, die im Bereich unserer
Stellung liegen, in einer Weise uns Genüge geleistet hat, dass wir
durch ihn nicht bloss zufrieden gestellt, sondern mit Bewunderung für
ihn erfüllt sindff Daran schliesst sich eine in den wärmsten Ausdrücken
abgefasste Empfehlung des ausgezeichneten Meisters.
In ähnlichen Ausdrücken verbreitet sich ein Brief des florentinischen
Gesandten, Francesco Pandoliini, aus Blois vom 12. Januar 1507 datirt,
welcher im Atlftrage König Ludwigs XII. an die Regierung von Florenz
schreibt, der König sei von einem kleinen, jüngst von Lionardo aus-
geführten Bilde so entzückt, dass er die Signoria bitte, dem Meister
zu gestatten, so lange in Mailand zu bleiben, bis er selbst hinkäme,
da er einige Sachen von seiner Hand zu haben wünsche, und zwar
einige Madonnenbilder und was ihm sonst in den Sinn komme, vielleicht
auch sein eignes Bildniss. Er habe dann selbst an Lionardo schreiben
müssen, um ihn dringend zu ersuchen, den König in Mailand zu er-
warten. In einem Briefe des Statthalters Amboise vom 15. August
desselben Jahres wird Lionardo dann als Maler des allerchristlichsten
Königs bezeichnet, und die Regierung von Florenz ersucht, ihm in
gewissen Streitigkeiten mit seinen Brüdern wegen der Erbschaft eines
Oheims förderlich zu sein, damit er bald zurückkehren und das ange-
fangene Werk vollenden könne. Als dann Ludwig XII. nach seinem
Siege über die Venezianer in Mailand einzog, entwarf Lionardoi die
zur Verherrlichung des Einzugs bestimmten Triumphbögen und Deko-
rationen. Wahrscheinlich damals erhielt der .Künstler zur Belohnung
vom Könige das Recht der Benutzung eines gewissen Wasserquantums
aus dem Kanale S. Cristoforo. In jenen Jahren beschäftigte sich
Lionardo mehrfach mit Wasserbauten, namentlich mit der Anlage des
Kanals von S. Gregorio. Im Jahre 1511 musste der Künstler sich
wieder nach Florenz begeben wegen des Prozesses mit seinen Brüdern,
und schrieb von dort zwei Briefe, an die Behörden von Mailand, in