Rückkehr nach
Florenz.
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und Verrath eroberten Städte der Romagna zu befestigen. Lionardo
musste in seinem Auftrage die unterworfenen Gebiete bereisen, wobei
ein Geleitsbrief des Herzogs ihm mitgegeben wurde, in Welchem dieser
ihn seinen ausgezeichneten und sehr geliebten Hausfreund nennt und
seinen Beamten befiehlt, ihn in allen Dingen zu fördern, besonders seinen
Ingenieuren aufträgt, sich mit ihm zu berathen und sich nach seinem
Gutachten zu richten. Die politische Ruchlosigkeit des Borgia hinderte
Lionardo eben so wenig wie die des Moro solchen Herrschern seine
Dienste zu weihen.
Als er nach Vollendung dieser Mission 1503 nach Florenz zurück-
kehrte, wurde er zunächst im Juli desselben Jahres beauftragt, Nivel-
lirungsarbeiten vorzunehmen, welche sich auf das Projekt der Kanali-
sirung des Arno bezogen. Er war dabei von Giovanni Cellini, dem
Vater Benvenutds, begleitet. Indessen fühlten die Behörden der Stadt,
dass es sich zieme, ihrem berühmten Mitbürger einen ansehnlichen
künstlerischen Auftrag zu ertheilen, und so ersuchte Pietro Soderini
ihn, in dem Rathssaale des Palazzo Vecchio eine Wand mit einem
grossen historischen Bilde aus der Geschichte von Florenz zu schmücken.
Hatte man im Mittelalter in solchen Fallen gewöhnlich religiöse oder
allegorische Darstellungen gewählt, so ist es bezeichnend für den Geist
der neuen Zeit, dass man hier zu einem Stoff aus der profanen Ge-
schichte griif. Gewählt wurde die Schlacht bei Anghiari, wo die
Florentiner im Jahre 144O über Niccolo Piccinino, den Feldherrn des
Herzogs Filippo Maria Visconti, gesiegt hatten. Lionardo War bis 1505
mit diesem Werke beschäftigt. Er führte den Karton in einem ihm
dafür angewiesenen Raum des Klosters Sta. Maria Novella aus und
erhielt während der Arbeit die ansehnliche Summe von fünfzehn Gold-
dukaten monatlich. Auch hier hatte er wieder die Absicht, das Werk
in Oelfarben auf die Wand zu malen: aber da die von ihm bereitete
Grundirung sich schon während der Arbeit von der Mauer ablöste,
S0 musste er von der weiteren Ausführung abstehen. Sein Anerbieten,
das dafür erhaltene Geld zurückzuzahlen, wurde nicht angenommen.
Da nun auch der Karton spurlos verschollen ist, so zeigt sich keine
Möglichkeit, eine Vorstellung von dem Werke zu gewinnen. Nur von
einem Theil der Composition hat Rubens später eine jetzt im Louvre
befindliche Zeichnung gemacht, die durch Edelinck's Stich allgemein
bekannt geworden ist. (Fig. 9.) Offenbar eine Episode aus dem grös-
seren Schlachtbilde, behandelt sie den Kampf von vier Reitern um
eine Standarte. Der mailandische Fahnenträger wirft sich auf seinem