Lorenzo
Bergam asken:
Lotto.
631
Feinheit mit Tizian, während bisweilen eine schmelzende Weichheit der
Behandlung an Correggio erinnert. Zu seinen frühesten Werken gehört
das Doppelporträt der beiden Aerzte della Torre aus Padua vom J ehre
1515 in der Nationalgalerie zu London, von geistvoller Lebendigkeit
der Auffassung. Vom Jahre 1523 besitzt das Museum zu Madrid das
gediegene Doppelporträt eines Brautpaares, vom Jahre 1537 stammt
das angebliche Porträt des Bandinelli in der Galerie zu Hamptoncourt,
Welches durch den Schmelz der Behandlung und die Feinheit der Auf-
fassung so sehr an Correggio erinnert, dass es lange Zeit diesem zu-
geschrieben wurde. Gewiss darf man Lotto auch das neuerdings dem
Correggio zugesprochene männliche Porträt im Belvedere zu Wien
beilegen, von welchem oben S. 442 die Rede war. Weiter gehört ihm
ein bedeutsames, früher dem Pordenone zugeschriebenes Porträt in
der Galerie Borghese, sowie der angebliche Sansovino der Galerie
zu Berlin, und ebendort ein anderes Brustbild, welches man für ein
Selbstporträt des Meisters hält. Besonders aber sind zwei ausgezeich-
nete männliche Brustbilder in der Brera und noch mehr ein köstliches
Frauenporträt ebendort hervorzuheben, überaus fein und edel auf-
gefasst, in dem weichen Ton fast an Moretto erinnernd, das duftig ge-
malte Fleisch mit grau-grünlichen, in's Braune übergehenden Schatten.
Es genügt uns, diese Beispiele aus einer weit grösseren Zahl von
Bildnissen hervorzuheben.
Länger als die übrigen Schulen Italiens blühte die venezianische
mit einer fast unerschöpflichen Lebenskraft, die sie dem gesunden und
hohen Naturalismus verdankte, welcher ihrer künstlerischen Auffassung
zu Grunde lag. Ihre Nachblüthe greift weit über die Grenze hinaus,
die wir unserer Darstellung zu ziehen haben. Denn während Tinto-
retto mit bewusstem Eklektizismus das Farbenprinzip der Venezianer
mit dem grossen Stil Michelangelds zu verschmelzen sucht, steht in
Paolo T7er0nese ein jüngerer Künstler auf, der auf der Basis des von
Tizian Gewonnenen die Kunst zu noch reicheren Entwicklungen und
zu einer noch glänzenderen, freilich mehr weltlichen Pracht entfaltet.
Ich muss darauf verzichten, dieser späteren Nachblüthe, in welcher
eigentlich noch mehr die Wurzel für die Kunst des 17. Jahrhunderts
zu erkennen ist, zu folgen.
Von dem imabsehbar reichen Bilde, welches die italienische Ma-
lerei der Renaissancezeit gewährt, hat unsere Schilderung nur die