Volltext: Geschichte der Italienischen Malerei vom vierten bis ins sechzehnte Jahrhundert (Bd. 2)

626 
Buch. 
Kapitel. 
XIII. 
Maler 
Festlandes. 
venezianischen 
erste nachweisbare Thätigkeit in das Jahr 1505 fallt, so mag er um 
T1480 geboren sein. In Venedig erlebte er noch in frischer Jugend 
das epoehemachende Auftreten Giorgionds, den Wetteifer mit Tizian 
und Palma. Zu dem letzteren, an den ihn schon die Bande der Lands- 
mannsehaft fesselten, trat er in nähere Beziehungen und empfing durch 
ihn die Richtung auf ein reiches wohlverschmolzenes Kolorit und auf 
anmuthig Weiche Auffassung der Gestalten. In seiner weiteren Ent- 
Wicklung muss er dann in direkte Beziehungen, wenn nicht zu Cor- 
reggio selbst, so doch zu den Werken des Meisters gekommen sein, 
dessen sensible reizbare Natur in seinem beweglichen Temperament 
lebhaften Anklang fand. Dann wieder gerieth der vielbewegte Künster 
unter den Einfluss des mächtigen tizianischen Stils, so dass man das 
Bild einer proteusartigen Mannichfaltigkeit bei ihm empfängt. Dazu 
kommt endlich, dass er überaus früh, eben durch den raschen WTeehsel 
seiner Stilphasen, in's Gesuchte und Gezierte verfällt. 
Als selbständigen Meister finden wir ihn zuerst im Jahre 1505 
zu Treviso, dann aber 1508 neben anderen Lombarden in Rom mit 
Arbeiten für den Vatikan betraut. Aus diesem Jahre besitzt die Galerie 
Borghese ein mit dem Namen des Künstlers und der Jahrzal1l1508 
bezeichnetes Bild der Madonna mit dem Kinde und zwei Heiligen, 
das dem Palma sehr nahe steht, aber durch die lebendig geistreiche 
Composition und eine noch etwas alterthümliche Behandlung die Eigen- 
thümlichkeit L0tto's schon deutlich hervortreten lässt. Aus demselben 
Jahr datirt ein stattliches Altarbild der thronenden Madonna mit sechs 
Heiligen und zwei an den Stufen des Thrones musizirenden Engeln 
in S. Domenico zu Reeanati, darüber eine Pieta, wiederum ein Bild, 
welches durch eigenthümliche Stilmischung die vielseitige Empfang- 
liehkeit des Künstlers verräth, ja sogar wie das vorige an Einflüsse 
Dürer's gemahnt, den Lotto in Venedig kennen gelernt haben mag. 
In noch frühere Zeit gehört ohne Zweifel eine heilige Familie im 
Museum zu Neapel, welche sogar noch auf der Stufe der Bellinfschen 
Schule steht, deren Kraft hier jedoch etwas verwässert erscheint. Auch 
die Verlobung der Katharina in der Pinakothek zu München ist ein 
Bild dieser früheren Zeit, überaus fein und klar in der Färbung, mit 
zart durchsichtigem Helldunkel, die Zeichnung genau und mit ge- 
schickter Anwendung von Verkürzungen, der Ton fast gläsern, das 
Ganze ungemein liebenswürdig, die Landschaft scharf und zierlich, fast 
wie von Dürefs Hand. 
Eine weitere Entwicklungsstufe bildet der büssende Hieronymus
	        
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