Bergamasken:
Busi.
Lotto.
Lorenzo
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Ein Künstler von etwas schwankender Eigenthümlichkeit ist so-
dann der ebenfalls aus der Brembana stammende Giooavzitz" Busi, ge-
nannt Cariani, den wir von 1508-1541. nachweisen können. Er ist
nicht bloss durch Andachtstafeln, sondern namentlich durch Gruppen-
bilder von Porträts nach Art des Licinio bekannt, und neuerdings
schreibt man ihm manche, ehemals dem Giorgione beigelegte Bilder
wie Jakob und Rahel in der Galerie zu Dresden zu. Bei Herrn
Frizzoni in Bergamo sieht man eine Madonna in einer Landschaft
mit Hieronymus und Franziscus, mit dem Namen des Künstlers be-
zeichnet, nicht gerade bedeutend in den Typen, aber von prächtiger
Farbenwirkung, die den Einfiuss Palmafs xdeutlieh verrath. Ebenso
besitzt die Galerie daselbst zwei Altartafeln mit Stcphanus und Katha-
rina, die gleichfalls dem Palma nahekommen. Ein anderes Bild der-
selben Sammlung, die Madonna mit sieben Heiligen darstellend, lässt
eine Mischung mit Einflüssen Lotto's erkennen, und dasselbe gilt von
der Kreuztragung Christi und der Ehebrecherin vor Christus ebenda.
Anziehender ist eine Reihe von Halbiigurenbildern und Porträts,
von denen wir ein weibliches Brustbild, vorzüglich aber ein mit dem
Namen des Künstlers bezeichnetes Porträt des Rektors der Universität
Padua, des Philosophen und Mediciners Caravaggio in derselben Galerie
hervorheben. Ein treiicliehes Werk, früher dem Giorgione zugeschrieben,
ist das Bildniss eines Herrn mit zwei eleganten Damen in der Galerie
zu Oldenburg, welches durch den Schmelz der Carnation, durch die
Feinheit des Ausdruckes (es wird als Eifersuchtsbild bezeichnet) und
durch geistvolle Freiheit der Behandlung in der That jenem grossen
Meister sehr nahe kommt, so dass es sich fragt, ob man es mit vollem
Recht einem doch immer nur untergeordneten Künstler wie Cariani
zuschreiben darf. Dasselbe Bedenken lässt sich auch bei jenem be-
rühmten Dresdener Bilde nicht ganz unterdrücken. Wir verzichten
darauf, den immerhin etwas zweifelhaften Spuren des Künstlers weiter
zu folgen.
Üngleichl bedeutender ist ein anderer Bergamaske, Lorenzo Lotto,
ein überaus beweglicher und phantasievoller KünStler VOII besonders
anschmiegendem Talent, in hohem Grade empfänglich für die V81"-
schiedensten Einflüsse und deshalb auch in seinen Werken von grosser
Verschiedenartigkeit der Richtungen. Als Sohn des Tommaso de Lotis
aus einer weitverbreiteten bergamaskischen Familie, scheint er früh-
zeitig naeh Venedig gekommen zu sein und dort zuerst den Einfluss
Bellini's und seines Laudsmannes Previtali erfahren zu haben. Da, Seine
Lübkc, Italien. Malerei. II. 40