Volltext: Geschichte der Italienischen Malerei vom vierten bis ins sechzehnte Jahrhundert (Bd. 2)

620 
Buch. 
XIII. 
Kapitel. 
venezianischen 
Maler 
FQSUHIIIÖGS. 
erkennen. Von verwandter Art ist die Hochzeit zu Kana in S. Fermo 
zu Lonigo. 
Zu den tüchtigsten Werken des Künstlers gehören noch ein Christus 
an der Martersäule im Museum zu Neapel, fein im Silberton durch- 
geführt, eine Madonna mit den h. Hieronymus und Bartholomäus in 
der Galerie des Vatikan, zwei Tafeln mit je zwei Heiligen im Louvre 
und eine Madonna in der Galerie Leuchtenberg zu Petersburg. Ein 
treffliches Werk ist auch der Tod des Petrus Martyr in der Ambrosiana 
zu Mailand, namentlich aber die auf Wolken thronende, von Hierony- 
mus, Antonius und Franziskus verehrte Madonna in der Brera N1u129, 
ein treffliches Bild, dem Berliner in der Zeit und der Art der Aus- 
führung nahestehend. Ebendort. sieht man drei Tafeln mit einzelnen 
Heiligen, von edler Charakteristik, endlich noch eine Himmelfahrt der 
Madonna. Die Nationalgalerie zu London besitzt ein stattliches Bild 
der auf Wolken schwebenden von mehreren Heiligen verehrten heil. 
Familie, in der feierlichen Anordnung und der Kraft des Kolorits an 
das Berliner Bild erinnernd. Nur der in der Mitte stehende h. Ber- 
nardinus ist von unangenehmer Charakteristik. Zu den spätesten Werken 
des Meisters zählt endlich die grosse Darstellung der Trauer um den 
todten Erlöser, welche Hr. Frizzoni in Bergamo besitzt, bezeichnet 
„1554 men. Oct." Es ist eine grandiose Composition von erschütternder 
Macht des Schmerzensausdruckes, dabei von gewaltiger Kraft tief ge- 
stimmten Farbentons und von machtvoller Breite der Behandlung. 
Moretto gehört ausserdem zu den grössten Meistern der Porträt- 
malerei, worin er durch Adel der Auffassung und Feinheit malerischer 
Behandlung mit Tizian wetteifert. Ein treffliches Bild dieser Art vom 
Jahr 1533 ist der sogen. Arzt im Palast Brignole zu Genua; andere 
gediegene männliche Brustbilder sieht man in der Sammlung Erizzo 
Maffei und in der öffentlichen Galerie zu Brescia; ebenso ein tüchtiges 
Bildniss in der Galerie Pitti und ein meisterhaftes Bild des Grafen 
Sciarra Martinengo in der Nationalgalerie zu London, von fesselnd 
melancholischem Ausdruck, ein Werk ersten Ranges, von wundervoller 
Leichtigkeit und Freiheit, schmelzend weich gemalt. In solchen Werken 
lässt der Künstler gern eine Auffassung zur Geltung kommen, die 
man eine lyrische, subjectiv stimmungsvolle nennen darf. 
Es scheint, dass Moretto bald nach 1556 gestorben ist. Dass er 
bis in die letzte Zeit seines Lebens mit unverminderter Kraft thätig 
war, beweist das oben erwähnte grosse Bild der Trauer um den Leich- 
nam Christi vom Jahr 1554 bei Herrn Frizzoni.
	        
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