618
Buch.
XIII.
Kapitel.
Die Maler
Festlandes.
venezianischen
Madonna, die einem stummen Knaben erscheint, in der Kirche zu
Paitone bei Brescia. Eine eigenhändige Wiederholung dieser herr-
lichen Madonna, aber ohne den Knaben, in der Galerie zu Dresden.
Im Jahr 1540 malte Moretto das edle Bild der Madonna mit den
Heiligen Agnes, Cäcilia, Agatha und Lucia, welches man am vierten
Altare links in S. Giorgio zu Verona sieht, eins seiner schönsten,
freiesten Werke, köstliche milde Gestalten, meisterlich abgewogen in
ungezwungener Mannichfaltigkeit der Bewegungen, in weichem silber-
grauen Ton durchgeführt. Aus dem folgenden Jahr 1541 stammt die
grossartige Altartafel des Museums zu Berlin, Welche ebenfalls für
eine veronesische Kirche gemalt war. (Fig.136.) Sie zeigt auf Wolken
schwebend die herrlich bewegte Gruppe der Madonna mit der h. Elisa-
beth, dem Christuskind und dem kleinen Johannes, von anbetenden
Engeln umgeben. Einer von ihnen schwebt mit einem Spruchband
herab, unten aber kniet der Stifter, Abt Arnoldi, eine ehrwürdige
Greisengestalt, in herzlichem Gebet, und ihm gegenüber sein Neffe,
eine prächtige Pralateniigur," mit inbritnstigem Auf blick, die Rechte wie
betheuernd auf die Brust legend. Es ist wiederum ein Werk von
grossartigem Aufbau, Gestalten von tizianischer Würde, das Kolorit
kräftig durchgebildet und von feierlicher Wirkung. Dieselbe Sammlung
besitzt unter Nr. 187 eine grosse, ebenfalls mit dem Namen des Meisters
„Alexander Morettus Brix." bezeichnete Anbetung der Hirten; ein Werk
etwas derberen Gepräges, das in seinen naturalistischen Gestalten ein Vor-
läufer für die Auffassung der Bassani ist; aber die köstliche Schaar der
jubelnden Engelknaben, welche auf dem Dach der Hütte sich tummeln
und in neckischem Spiel ein grosses Spruchband mit dem nGloria in ex-
celsis" halten, ist wieder ein achter poetischer Gedanke Morettüiß-
In den folgenden Jahren entstand, unter einer ansehnlichen Reihe
von Werken, zunächst für S. Giuseppe in Brescia 1542 eine minder
bedeutende Madonna mit Franziskus und einem knieenden Stifter, so-
dann für S. Nazaro e Celso eine Darstellung der Verklärung Christi
zwischen Moses und David, wieder etwas weniger gelungen im Aus-
druck, auch in der Bewegung Christi ungenügend, dagegen die den
Erlöser umschwebenden Engel mit den Leidenswerkzeugen voll frischer
Anmuth. Weiter gehört in diese Zeit das treifliche Altarbild der
thronenden Madonna mit den grossartigen Gestalten der vier Kirchen-
Väter in der StädePschen Sammlung zu Frankfurt, von herrlichem
Aufbau und machtvoller Charakteristik, nur die Madonna mit dem
Kinde etwas weniger gelungen. In derselben Galerie sieht man eine