Volltext: Geschichte der Italienischen Malerei vom vierten bis ins sechzehnte Jahrhundert (Bd. 2)

Brescianer: 
Moretto. 
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Lilienstab stützt; ein neues originelles und dabei poetisches Motiv, 
Kaum jemals hat der Meister etwas Herrlicheres geschaffen. Ein nicht 
minder bedeutendes Werk ist die grosse Verklärung der Madonna in 
der städtischen Galerie; weiter in SfGiov. Evangelista das Hochaltar- 
bild der Madonna mit Johannes dem Täufer und dem Evangelisten, 
S. Augustinus und Agnes, ebenfalls ein Werk von feierlich grossartigem 
Aufbau, dessen Farbe jedoch gelitten hat. In einem andern Meister- 
Werk derselben Kirche, einer Darstellung des Kindermords, zeigt sich 
Moretto auch leidenschaftlichen Scenen gewachsen. Das Bild, welches 
ebenfalls nicht unversehrt geblieben, verräth mehr als irgend ein anderes 
eingehende Studien RafaePs. Zu den bedeutendsten Schöpfungen dieser 
Epoche gehört sodann die Himmelfahrt der Madonna im Alten Dom, 
wieder ein Werk voll inniger Empfindung und von mild gedämpftem, 
dabei doch kraftvoll tiefem Kolorit, die Gruppe der Apostel voll_ freu- 
diger Aufregung. Ungefähr um dieselbe Zeit entstand das edle Bild 
der thronenden Madonna auf dem Hochaltar in S. Clemente mit dem 
h. Clemens in prächtigem Bischofsornat und dem ritterlichen h. Florian, 
gegenüber St. Dominikus und vor ihm knieend Katharina, welcher 
andererseits Magdalena entspricht. Es ist wieder ein Bild voll Adel 
und milder Harmonie, dabei von eigenthümlicher Anordnung, da die 
Madonna innerhalb eines Säulenganges mit Balustrade hoch auf Wolken 
thront und das Christkind darreicht. Allerliebste Engel schmücken den 
Bau mit Kränzen und Guirlanden. Dieselbe Kirche, in welcher der 
Meister sein Grab gefunden hat, besitzt noch mehrere seiner Werke. 
Zunächst in der östlichen Seitenkapelle des nördlichen Nebenschiffs 
Melchisedek, der dem Abraham Brod und Wein bringt, während oben 
der Erlöser mit den Leidenswerkzeugen auf Wolken liegt, wieder eine 
eigenthümliche hochpoetische Composition, ursprünglich gewiss vortreff- 
lich, aber jetzt in der Farbenwirkung stark beeinträchtigt. Man erkennt 
fast in allen Werken M0rett0's wie der Meister bestrebt war, aus dem 
Herkömmlichen sich zu neuen Anschauungen und freier malerischer 
Composition zu erheben; aber sein tiefes Gefühl behütet ihn vor dem 
Stillosen und Naturalistischen, in welches manche seiner oberitalienischen 
Zeitgenossen verfielen. In der zweiten Seitenkapelle derselben Kirche 
sieht man sodann eine thronende Madonna zwischen den beiden überaus 
anmuthigen Katharinen von Alexandria und von Siena, während unten 
an der Stufe des Thrones Paulus und Hieronymus dargestellt sind, ein 
leider ebenfalls stark mitgenommenes Werk. Von geringerer Art ist 
in der dritten Kapelle die Tafel der h. Ursula mit ihren Gefährtinnen,
	        
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