610
Buch.
XIII.
Kapitel.
Maler
Festlandes.
des venezianischen
die gleich den weiten Gewändern und bauschigen Aermeln Wieder an
Palma erinnern. Das rothe Gewand der Madonna hat einen Stich
in's Bläuliche, der blaue Mantel zeigt grünes Futter, der Vorhang ist
saftgrün, Alles aber in grosser Leuchtkraft harmonisch zusammen-
gestimmt. Auffallend und wieder an Palma erinnernd ist die fast
gedunsene Weichheit der Köpfe. In der Krönung des prächtigen
alten Rahmens sieht man den todten Christus, von einem weinenden
Engel gehalten, warm im Kolorit und fein empfunden, in den Zwickeln
des Bogens zwei einzelne Köpfe von Heiligen, und im Fussgesims
die drei unschuldigen Kinder, deren Reliquien in S. Giustina auf-
bewahrt wurden, überaus weich und fast zu duftig gemalt.
Flüchtiger ist das ebendort beßndliche grosse Bild des Abend-
mahls aus demselben Kloster, breit in den Massen und von kräftigem
venezianischem Kolorit, aber gar zu unruhig und würdelos in der
Composition. Endlich ist in derselben Galerie ein kleineres Altarbild
der Madonna vom Jahre 1521, worin der Künstler dem Moretto so
nahe kommt, dass man fast diesen darin erkennen möchte. Die Ma-
donna sitzt vor einem gelblich rothen Vorhang und hält das auf ihrem
Schooss stehende Kind, während neben dem Throne die Heil. Benedict
und Justina stehen und zu ihren Füssen ein allerliebster Engel aus
einem gTOSSBII Nüßnbuch Singt. Den Hintergrund bildet eine hübsche
Landschaft. Das Bild ist ungewöhnlich streng in der Zeichnung und
von bleichem Kolorit, welches keine rechte Tiefe hat. Auch die
Formen sind etwas schwer und die Modellirung ist mühsam. Im Kloster
von S. Giustina sind ausserdem noch einige Fresken Romaninds von
geringerem Werth erhalten.
Ungleich bedeutender sind die Bilder, mit welchen er 1519 und
in dem folgenden Jahre den Freskenschmuck des Domes zu Cremona
ergänzte, nachdem man ihn 1517 dort hinberufen hatte, um die Ar-
beiten Altobello's abzuschätzen. Damals war Pordenone hier noch
nicht aufgetreten, und so mussten denn die von Romanino ausgeführten
Darstellungen Christi vor Pilatus, der Geisselung, der Dornenkrönung
und des Eccehomo einen bedeutenden Eindruck machen. Gegenüber
seinen cremonesischen Vorgängern zeigt er sich als ein Mann der neuen
Zeit durch freiere Composition, flottere Behandlung, wirkungsvollere
Färbung; doch ist nicht zu verkennen, dass neben ansprechenden und
würdigen Gestalten auch mancher derb realistische, ja triviale Zug
unterläuft.
Nach Brescia
zurückgekehrt,
fand
fortan
311
dem inzwischen