600
Buch.
Kapitel.
XIII.
venezianischen
Maler des
Die
Festlandes.
Schönheit und Kraft des Kolorits, aber auch in der Anordnung und
Raumausfüllung ungleich edler als seine früheren kraftstrotzenden Ar-
beiten. Wir geben daraus unter Figur 132 die dramatisch lebendige
Scene der Disputation der Heiligen mit den heidnischen Philosophen.
Ebendort malte er Faeadenfresken für den Palast des Barnaba del Pozzo,
die jedoch untergegangen sind. Auch für den Palast des Andrea Doria
in Genua wurde er berufen, um Fresken in der Gartenhalle auszu-
führen, die ebenfalls nicht mehr vorhanden sind.
Aus dem Jahre 1534 erfahren wir mancherlei von den Privat-
verhältnissen des Künstlers. Kurz zuvor hatte er sich zum dritten
Male verheirathet und bewohnte mit seinem Bruder Baldassare das
väterliche Haus. Als bald darauf der Vater starb, gerieth er wegen
der Erbschaft mit seinem Bruder in gehässige Streitigkeiten, die nicht
bloss zu obrigkeitlicher Entscheidung, sondern sogar zu einer öffent-
lichen Gewaltthat führten, wobei es zum Blutvergiessen kam und
Pordenone fälschlich des Mordanschlags auf seinen Bruder beschuldigt
wurde. Nur mit Mühe wurde der händelsüchtige Baldassare durch
einen Schiedsspruch zur Ruhe gewiesen und die Theilung der Erb-
schaftsmasse verfügt. Bald darauf entstanden (1535) die grosse Dar-
stellung der Dreieinigkeit für Santa Trinita in S. Daniele und die
unvollendet gebliebene Altartafel des heil. Marcus für den Dom von
Pordenone.
Durch Vermittlung eines angesehenen Gönners erhielt er in dem-
selben Jahre durch König Johann von Ungarn die erbliche Ritter-
würde und nahm seitdem den Namen Regillo an. Nunmehr verliess
er die ihm durch jene Streitigkeiten entleidcte Heimath und siedelte
nach Venedig über, wo ihm sofort zahlreiche Aufträge zuiiossen. In
Kreuzgängen und Brüderschaftshäusern, besonders aber an den Facaden
von Palästen hatte er zahlreiche Fresken auszuführen, in welchen er
durch die kühne Freiheit seiner Technik und die nachdrückliche Leben-
digkeit seines Stiles die meisten damaligen Venezianer übertraf. Sogar
für den Dogenpalast wurde seine Hilfe in Anspruch genommen, da
Tizian sich seinen Verpiiichtungen für die Ausmalung des grossen
Saales hartnäckig zu entziehen wusste. Pordenone malte zuerst bis
1538 die Decke in der Sala dello Scrutinio, die später durch den
Brand des Jahres 1577 zerstört wurde. Die Regierung war so zu-
frieden mit dieser Arbeit, dass sie ihm sofort ein Bild für den grossen
Rathssaal auftrug und zugleich, wie wir oben gehört haben, den lässigen
Tizian Qireh Entziehung seines Staatsgehaltes zu strafen suchte.