Francesco Sforzefs.
Reiterhild
Höhe von über zwanzig Fuss ausgeführt, soll 1499 bei der Einnahme
Mailands durch die Franzosen von Gascognischen Armbrustschützen,
die es als Zielscheibe benutzten, zerstört worden sein. Doch wider-
spricht dieser Üeberlieferung eine Aeusserung des mit Lionardo be-
freundeten Luca Pacioli, welcher von dem ausgeführten Denkmal spricht
und das Erzgewicht desselben auf 200,000 Pfund angiebt. Gleichwohl
durften später in Florenz Lionardds Neider und "darunter selbst der
jugendlich übermüthige Michelangelo ihm vorwerfen, dass er nicht im
Stande gewesen sei, das Werk zu giessen: ein Vorwurf, der keinen
Sinn gehabt hätte, wenn das Standbild vollendet worden wäre. Wie
dem auch sein mag, auf alle Fälle hat damals schon der Untergang
Lionardo's grosses Werk ereilt. In einem Manuscript der Pariser
Bibliothek hat Waagen eine Miniatur gefunden, welche wahrscheinlich
das Denkmal darstellt. Es giebt den Herzog in ruhiger Haltung, den.
Kommandostab in der Hand, in einer Auffassung, welche der des kurz
zuvor entstandenen Colleoni seines Meisters Verrocchio im Wesentlichen
entspricht. Von den tmablässigen Studien Lionardds für dieses Haupt-
werk geben mehrere Blätter zu Windsor (Nr. S5, 87-92) Zeugniss,
welche nicht weniger als zehn Varianten. von zwei verschiedenen Auf-
fassungen des Denkmals enthalten. Das eine Mal ist der Reiter auf
feurig galoppirendem Rosse in leidenschaftlicher Bewegung über einen
zu Boden gestürzten Feind dahinsprengend dargestellt. Dabei sind
mehrere Entwürfe zugleich mit dem ganzen Unterbau versehen, der
den Sarkophag mit der darauf ausgestreckten Figur des Verstorbenen
enthält. Einmal, in einer ganz kleinen Skizze, ist angegeben, wie das
Monument in Form eines römischen Triumphbogens, gekrönt von der
Reiterstatue, zu behandeln wäre. Die zweite Auffassung, der sich der
Künstler schliesslich zugewendet zu haben scheint, giebt den Reiter in
energisch straffer Haltung auf ruhig schreitendem Rosse; die Art, wie
er sich wuchtig in den Steigbügeln hebt, erinnert deutlich an Colleoni.
Auch hier fehlt es nicht an Entwürfen des Unterbaues mit der lie-
genden Grabgestalt. Meisterhafte Pferdestudien, besonders den Kopf
des edlen Thieres betreffend, sind mit dieser Reihenfolge verbunden.
Wenn wir die lange Zeit erwägen, welche Lionardo auf dieses
Werk verwendet hat, so erkennen wir leicht, dass eine Uebermasse
anderer Geschäfte und Studien sich dazwischen gedrängt haben muss.
Vor Allem forschen wir nach den damals entstandenen Gemälden des
Meisters, aber auch diesen war grossentheils das Schicksal feindlich,
und von den wenigen erhaltenen ist es überaus schwierig, eine bestimmte
Lübke, Italien. Malerei. II. 4