Pordenone.
Friauler :
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liess, und die den ersten Keim zu den später von Bassano und seinen
Genossen mit Bßhagen gepflegten trivialen Darstellungen enthält. Im
Bogenfelde darüber sieht man die Heimsuchung, wobei merkwürdiger-
weise beide Frauen knieend dargestellt sind. An der gegenüber-
liegenden rechten Wand, wo ein Fenster die Fläche theilt, machte
sichis der Künstler leicht, indem er ein Scheinfenster hinzumalte und
auf dem Zwischenraum einen heil. Georg anbrachte.
Dass der todte Christus im Monte di Pieta zu Treviso, den man
fälschlich dem Giorgione beilegt, ein Bravourstück Pordenone's ist,
wurde schon oben bemerkt, aber auch den Seesturm in der Akademie
zu Venedig glaube ich keinem andern als ihm zuschreiben zu sollen,
da die kühne Bewegtheit der Composition, das Herkulische der Ge-
stalten am ersten auf ihn, sicherlich nicht auf den feinen Giorgione,
den zahmen Bordone oder den milden Palma zurückzuführen ist.
Bald darauf wurde Pordenone nach Mantua berufen, wo er für
Paris von Ceresana den sogenannten Palazzo del Diavolo aussen mit
mythologischen Figuren, namentlich einer Darstellung des Parnasses
schmückte. Die Werke erregten wegen der flotten Kühnheit der
Schilderung soviel Beifall, dass er noch in demselben Jahr 152O nach
Cremona berufen wurde, um die von den dortigen einheimischen
Künstlern begonnenen Fresken des Domes zu vollenden. Hatten jene
Meister den Raum über jeder Arkade in zwei Bilder abgetheilt, so ist
es für Pordenone bezeichnend, dass er sofort die Zweitheilung bei
Seite wirft und über jeder Arkade ein einziges Bild anbringt, wobei
ihn die Vorliebe der Venezianer für solche Breitbilder geleitet zu haben
scheint. Er malte nun an den ersten Arkaden der rechten Wand
Pilatus, der sich die Hände wäscht und Christus-dem Volke überliefert,
sodann den Gang nach Golgatha mit einer athletischen Darstellung
der Kreuztragung, weiter die Vorbereitungen zur Kreuzigung und
endlich die leidenschaftlich bewegte Kreuzigung, sodann als Abschluss
an der westlichen Wand im Jahre 1522 die Krellzabnahme. Diese
Werke zeigen den Künstler wieder in seiner ganzen realistischen Derb-
heit und leidenschaftlichen Heftigkeit, die sich in überfüllten Com-
positionen mit kolossalen athletischen Figuren allerdings in grosser
Natürlichkeit voll dramatischen Lebens eifectreich und farbenprächtig
ausspricht. Es fehlt jede religiöse Weihe, jede Feinheit in Form und
Empfindung; es ist eine Kunst, die naturalistisch entfesselt und weltlich
geworden, nicht mehr von hohem reinem Gefühl getragen wird, sich
prätentiös und vorlaut aufdrängt, und desshalb trotz aller meisterlichen