Volltext: Geschichte der Italienischen Malerei vom vierten bis ins sechzehnte Jahrhundert (Bd. 2)

596 
III. 
Buch. 
XIII. 
Kapitel. 
Festlandes. 
venezianischen 
Maler des 
Die 
er in der Kirche von Rorai Grande ausgedehnte Fresken, von denen 
ebenfalls noch ansehnliche Reste vorhanden sind. 
Das Jahr 1519 findet den Künstler in Treviso, wo er für einen 
Herrn von Ravagnino Fresken mythologischen Inhalts in dessen Palast 
malte. Obwohl Pordenone nur die bescheidene Summe von 50 Du- 
katen verlangte, hielt der Besteller diesen Preis für zu hoch und bat 
Tizian, die Arbeit zu schätzen. Dieser kam und erklärte das Werk 
für so vorzüglich, dass der vornehme Herr sich zufrieden geben musste. 
Bei dieser Gelegenheit wusste der bischöfliche Vikar Malchiostro Tizian 
zu bestimmen, für seine Familienkapelle im Dom (nicht in S. Niccolo, 
wie es in der englischen und deutschen Ausgabe von Crowe und 
Cavalcaselle heisst) das Altarbild zu malen, Während er Pordenonei 
für die Ausschmückung der Kapelle mit Fresken gewann. Diese 
Werke, welche den Namen IO  ANS  CORTICELLVS und die Jahres- 
zahl 1520 als Datum der Vollendung tragen, zeigen die Vorzüge und 
die Schwächen des Künstlers in voller Entfaltung. In der Kuppel- 
wölbung sieht man, nach Correggids Art, anscheinend im unendlichen 
Himmelsraum schwebend, die kolossale Gestalt Gottvaters mit starker 
Verkürzung, umgeben von einem Gewimmel von Engeln. Die Com- 
position leidet an Ueberfüllung, bekundet jedoch grosse Gewandtheit 
in perspectivischer Behandlung. In den Zwickeln der Kuppel sind 
in Medaillons die vier Kirchenvater angebracht, in der Apsis eine fast 
ganz zerstörte Darstellung der mit dem Kinde auf Wolken erschei- 
nenden Madonna; daneben an den Pilastern, welche die Nische ein- 
rahmen, die energischen Gestalten von Petrus und Andreas und über 
ihnen die ideale Jünglingsfigur des heil. Liberalis, den ein Engel auf 
die Erscheinung der Madonna aufmerksam macht. Das Hauptbild ist, 
an der linken Wand der Kapelle, eine grosse Anbetung der Könige, 
bei der es etwas tumultuarisch hergeht, und die durch die Vorliebe 
für kolossale Figuren, für prahlerische Verkürzungen, für überfüllte, 
Anordnung, trotz des warmen„klaren, kräftigen Kolorits und mancher 
schöner Einzelheit, doch unerfreulich wirkt. Geradezu abscheulich ist 
die Figur eines von hinten gesehenen Knechtes, der mit grösster An- 
strengung einen Koffer herbeischleppt und, indem er sich niederbückt, 
dem Beschauer die plebejischen Formen seiner Rückseite in wider- 
wärtiger Aufdringlichkeit vor Augen rückt. Da wir ein ähnliches 
Motiv schon in Colalto antrafen, so hat man darin eine besondere 
Liebhaberei Pordenonds zu erkennen, eine Rohheit des Gefühls, die 
sich kein anderer gleichzeitiger Künstler Italiens zu Schulden kommen
	        
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