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III.
Buch.
XIII.
Kapitel.
Festlandes.
venezianischen
Maler des
Die
er in der Kirche von Rorai Grande ausgedehnte Fresken, von denen
ebenfalls noch ansehnliche Reste vorhanden sind.
Das Jahr 1519 findet den Künstler in Treviso, wo er für einen
Herrn von Ravagnino Fresken mythologischen Inhalts in dessen Palast
malte. Obwohl Pordenone nur die bescheidene Summe von 50 Du-
katen verlangte, hielt der Besteller diesen Preis für zu hoch und bat
Tizian, die Arbeit zu schätzen. Dieser kam und erklärte das Werk
für so vorzüglich, dass der vornehme Herr sich zufrieden geben musste.
Bei dieser Gelegenheit wusste der bischöfliche Vikar Malchiostro Tizian
zu bestimmen, für seine Familienkapelle im Dom (nicht in S. Niccolo,
wie es in der englischen und deutschen Ausgabe von Crowe und
Cavalcaselle heisst) das Altarbild zu malen, Während er Pordenonei
für die Ausschmückung der Kapelle mit Fresken gewann. Diese
Werke, welche den Namen IO ANS CORTICELLVS und die Jahres-
zahl 1520 als Datum der Vollendung tragen, zeigen die Vorzüge und
die Schwächen des Künstlers in voller Entfaltung. In der Kuppel-
wölbung sieht man, nach Correggids Art, anscheinend im unendlichen
Himmelsraum schwebend, die kolossale Gestalt Gottvaters mit starker
Verkürzung, umgeben von einem Gewimmel von Engeln. Die Com-
position leidet an Ueberfüllung, bekundet jedoch grosse Gewandtheit
in perspectivischer Behandlung. In den Zwickeln der Kuppel sind
in Medaillons die vier Kirchenvater angebracht, in der Apsis eine fast
ganz zerstörte Darstellung der mit dem Kinde auf Wolken erschei-
nenden Madonna; daneben an den Pilastern, welche die Nische ein-
rahmen, die energischen Gestalten von Petrus und Andreas und über
ihnen die ideale Jünglingsfigur des heil. Liberalis, den ein Engel auf
die Erscheinung der Madonna aufmerksam macht. Das Hauptbild ist,
an der linken Wand der Kapelle, eine grosse Anbetung der Könige,
bei der es etwas tumultuarisch hergeht, und die durch die Vorliebe
für kolossale Figuren, für prahlerische Verkürzungen, für überfüllte,
Anordnung, trotz des warmen„klaren, kräftigen Kolorits und mancher
schöner Einzelheit, doch unerfreulich wirkt. Geradezu abscheulich ist
die Figur eines von hinten gesehenen Knechtes, der mit grösster An-
strengung einen Koffer herbeischleppt und, indem er sich niederbückt,
dem Beschauer die plebejischen Formen seiner Rückseite in wider-
wärtiger Aufdringlichkeit vor Augen rückt. Da wir ein ähnliches
Motiv schon in Colalto antrafen, so hat man darin eine besondere
Liebhaberei Pordenonds zu erkennen, eine Rohheit des Gefühls, die
sich kein anderer gleichzeitiger Künstler Italiens zu Schulden kommen