Volltext: Geschichte der Italienischen Malerei vom vierten bis ins sechzehnte Jahrhundert (Bd. 2)

Pordenone. 
Friauler: 
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Verkürzungen, der Pordenonc eigen ist. Die Technik erscheint noch 
ziemlich rauh, das Ganze verräth keine rechte Andacht, sondern eine 
sehr weltliche Stimmung, zugleich eine ziemlich dekorative Behandlung. 
Dann folgt auf die stark zerstörte Verkündigung die Flucht nach 
Aegypten. Die Madonna in weit bauschigem blauem Mantel sitzt auf 
dem Esel, in ihrem Schoosse das sehr hübsche Kind haltend, welches 
die kleine Hand zum Segnen erhebt. Eine anmuthige Jungfrau, ein 
hübscher Jüngling und zwei andere Begleiter folgen, während Joseph 
den Esel am Zügel führt. Die Landschaften in diesen Bildern sind 
mit wunderlichen Felsen ohne eigentlich poetischen Zug ausgestattet, 
Auch hier ist die Formgebung noch alterthümlich und herb, die 
Technik noch unvollkommen. Die Ornamentik auf den die Bilder 
einfassenden Pilastern, auf goldgelbem Grund mit planlos zusammen- 
gewürfelten bunten Figuren und Emblemen aller Art, steht im Ge- 
schmack tief unter Pellegrino. 
Im Chor malte Pordenone sodann an der Ostwand eine grosse 
Darstellung des jüngsten Gerichts. Auch hier ist er nicht frei von 
alterthümlich phantastischen Zügen. Unter den ziemlich stark zer- 
störten Gruppen der Seligen und Verdammten fällt wieder der be- 
liebte Zug auf, dass an der Spitze der letzteren ein Papst steht, der 
sein Antlitz verzweiflungsvoll mit beiden Händen bedeckt. Im Üebrigen 
fehlt der Composition eine klare Raumgliederung und Anordnung; die 
Hauptgestalten, Christus, die Madonna und Johannes, ermangeln jeder 
geistigen Tiefe und Bedeutsamkeit; die Heiligen zeigen weich gemalte 
Köpfe, die durch die Wärme des Kolorits und die Rundlichkeit der 
Formen an Pellegrino erinnern. Die vier Propheten in den Gewölb- 
zwickeln, von fast peruginesken Engeln begleitet, und die Evangelisten 
in den Kappen des Kreuzgewölbes sind effectvoll gemalte energische 
Gestalten von tüchtiger, aber etwas äusserlicher Charakteristik. 
An der linken Chorwand malte Pordenone im Bogenfelde ein 
grosses Bild der Schwestern des Lazarus vor Christus, wohl das be- 
deutendste Werk des ganzen Cyclus, die Gestalt des Erlösers von 
grossartiger Milde, die Frauen edel und ausdrucksvoll, die Anordnung 
klar und von trefflicher Wirkung. Darunter an der Wand die Auf- 
erweckung des Lazarus, der mit innigem Aufblick dankerfüllt sich 
zum Erlöser wendet. Auch dieser ist, obgleich ohne tiefere Bedeu- 
tung, doch würdig, büsst aber dadurch an Wirkung ein, dass der 
Künstler ihn zu weit zurück gerückt und noch durch die geschmack- 
lose Zugabe eines von hinten gesehenen Zwerges in weissen Hosen 
Lübke, Italien. Malerei. II. 38
	        
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