Volltext: Geschichte der Italienischen Malerei vom vierten bis ins sechzehnte Jahrhundert (Bd. 2)

588 
Buch. 
XIII. 
Kapitel. 
Maler 
venezianischen 
Festlandes. 
hiiter an der Schwelle des Heiligthums, Adam und Eva, deren weich 
und schwellend behandelte Gestalten die freie Handfertigkeit des 
Meisters verrathen; endlich oben im Giebelfelde das Brustbild Gott- 
vaters in einem Medaillon und zu beiden Seiten Maria und der Engel 
der Verkündigung, lebendig componirt, doch ohne besondere Originalität, 
auch in den Farben sehr ausgeblieben. 
Zu beiden Seiten des Triumphbogens blieb nun ein Wandfeld 
frei, welches als gemalte Altarnische behandelt wurde. Rechts sieht 
man neben der Nische zwei Heilige, darüber drei andere, Sebastian 
in schöner Bewegung, den rechten Arm über den seitwärts gewendeten 
Kopf emporhebend, eine der reinsten und köstliehsten Figuren, voll 
edler Empfindung, gegenüber der h. Rochus in der herkömmlichen 
stets wiederholten Haltung, kräftig bewegt und frisch gemalt; zwischen 
beiden Hiob auf den Stab gestützt und sich nach Sebastian urnwen- 
dend. Diese Arbeiten, in warmem goldigen Ton flüssig klar gemalt, 
lebensvoll in der Bewegung und tüchtig in der Zeichnung des Nackten, 
sind wohl das Gelungenste in dem ganzen Cyclus und zeigen den 
Künstler als einen würdigen Mitstrebenden unter den tüchtigsten 
Meistern der Zeit. Das Wandfeld darüber ist durch die gute schlichte 
Composition einer Anbetung der Könige ausgefüllt. Zudem ist die 
ganze dekorative Malerei, die Gliederung durch Pilaster, Friese und 
Gesimse mit einem treiflichen Verständniss der Architektur und der 
Perspektive ausgeführt. Die Altarwand der linken Seite ist flüchtiger 
und dekorativer behandelt und enthält, in ähnlicher Anordnung wie die 
gegenüberliegende, in der Mitte den h. Antonius in einer gemalten 
Nische von buntem Marmor, daneben schwebende Engel und darüber 
andere Engel mit dem Leichnam Christi, zu beiden Seiten einzelne 
Heilige; dies Alles voll Leben und Empfindung. Ganz oben an der 
Wand die Geburt Christi. Endlich sieht man an der anstossenden 
Wand des Schiffes noch eins der bedeutendsten Bilder, das den 
thronenden h. Antonius darstellt, wie er einer andächtig lauschenden 
Versammlung den Segen ertheilt: durch Breite und Grösse der 
Formen und resolute Kraft der Behandlung wieder an Pordenone er- 
innernd. Darüber, durch einen hübschen Ornamentfries mit Medaillen- 
köpfen getrennt, sind die Gestalten Sebastians und des h. Michael 
angebracht. Vieles in diesen Werken trägt einen dekorativen Charakter; 
der ganze Cyclus aber ist ohne Frage einer der bedeutendsten, welche 
die Freskomalerei in diesen Gegenden hervorgebracht hat, ausserdem 
ein deutlicher Beweis von den mannichfachen Stilwandlungen, welche
	        
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