Volltext: Geschichte der Italienischen Malerei vom vierten bis ins sechzehnte Jahrhundert (Bd. 2)

586 
Buch. 
XIII. 
Kapitel. 
Maler 
venezianischen 
Festlandes. 
verhalten, aber gerade in Epochen des lebendigsten Aufschwungs durch 
redliches Streben sich die allgemeinen Errungenschaften anzueignen 
und sich zu achtbarer Höhe aufzuschwingen wissen. So eignete er 
sich in tüchtiger Arbeit die Resultate der neueren Kunstentwicklung 
an, und als er um 1512 in die Heimath zurückkehrte, bewies er durch 
den freieren Stil seiner Gestalten, durch schwungvollere Bewegungen, 
edlen Gewandwurf und flüssige, dabei kräftig harmonische und leuch- 
tende Färbung, welche Fortschritte er draussen gemacht hatte. Als 
er 1512 in Udine wieder erschien, wurde ihm sofort der Auftrag, in 
der Halle des Stadthauses das Denkmal des Statthalters Andrea Trevisan 
mit den grau in grau gemalten Figuren der Religion, der Gerechtigkeit 
und des Ruhmes zu schmücken, Arbeiten, die freilich fast bis auf die 
letzte Spur ausgelöscht sind. 
Im folgenden Jahre nahm er dann die Ausmalung der Kirche 
S. Antonio in San Daniele wieder auf. In diese Zeit fallen wahr- 
scheinlich die Fresken am vorderen Kreuzgewölbe des Chores. Er 
malte hier die vier Kirchenvater, wobei die beiden schmaleren Felder 
nur Medaillons mit Brustbildern, die beiden seitlichen längere ovale 
Felder ergaben. Es sind bedeutende Gestalten von trefflicher Charak- 
teristik, immer noch in einem scharfen Stil voll Prägnanz ausgeführt, 
aber mit ungleich mehr Geist und Leben. Auch hier ist die dekorative 
Wirkung sehr schön. Dazu fügte er am vorderen Gurtbogen acht 
lebensgrosse Brustbilder von Propheten, bedeutende Charaktere, in 
welchen tiefes Studium, ernste Sammlung, sinnendes Versunkensein 
sich lebendig ausspricht, das Kolorit von kräftiger Wirkung bei sorg- 
faltiger Durchführung. An den darunter befindlichen Pilastern malte 
er, wahrscheinlich etwas später, die Einzelgestalten von zwei Heiligen, 
links eine herrlich ideale Jungfrau mit der Taube, hold wie ein Ge- 
danke Luini's, darüber einen jugendlichen Ritter, dessen elegante Ge- 
stalt an den h. Liberale Giorgionds erinnert, rechts eine edle Bischofs- 
iigur, darüber die h. Magdalena, wieder sehr schön, dies Alles in dem 
klaren goldigen Ton, der die meisten dieser Arbeiten auszeichnet. Hier 
steht ihm der Ausdruck einer Jugendschönheit zu Gebote, der fast zu 
der Vermuthung drängt, Pellegrino habe inzwischen die Werke Luini's 
kennen gelernt. 
Als im Jahr 1514 das kaiserliche Heer das Friaul überschwemmte 
und u. A. auch S. Daniele brandschatzte, wobei die Einwohner mit 
Plünderung bedroht wurden, sofern sie nicht sich loskauften, gehörte 
Pellegrino als einer der angesehensten Bürger zu den Abgesandten,
	        
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