F riauler
Pellegrino.
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schwebenden, das Blut des Heilands auffangenden Engel. Die schön
empfundene Gruppe der Frauen ist grösstentheils zerstört.
Die Kriegsstürme der Zeit, vor Allem ein verheerender Einfall
der Türken 1499 brachten eine Unterbrechung in diese Arbeiten und
mögen auch Pellegrino zeitweilig vertrieben haben. Doch finden wir
schon 1501 den Künstler beschäftigt, für den Dom zu Udine eine
Altartafel zu Ehren des h. Joseph zu malen, im Wetteifer mit Giov.
Martini, der den h. Markus zu verherrlichen hatte. Man sieht Pelle-
grino's Bild, das freilich gelitten hat, noch auf dem zweiten Altar des
linken Seitenschiifs. Die Auffassung ist ungewöhnlich und bezeugt
wieder, dass der Künstler noch mit ganzer Seele bei solchen kirch-
lichen Aufgaben verweilt. Der treue Nährvater hält aufrechtstehend
das Christuskind herzlich auf den Armen, und dieses wendet sich seg-
nend gegen Johannes den Täufer, der als schöner Jüngling im Hirten-
gewand empfindungsvoll zu ihm aufblickt. Den Hintergrund bildet
eine Bogenarchitektur von tüchtiger Zeichnung und Perspektive. Auch
hier ist der Stil Cima's noch unverkennbar, durch die volle, breite,
etwas bauschige Form der Gewandung, die kraftvolle Schattengebung
und das leuchtend warme Kolorit. In der Predella sieht man die stark
übermalten Bilder der Anbetung der Hirten und der Könige, sowie
die Flucht nach Aegypten mit hübschen landschaftlichen Gründen.
Gleich darauf malte Pellegrino für S. Maria in Valle zu Cividale
eine Altartafel mit Johannes dem Täufer, von welcher das Hauptbild
noch daselbst vorhanden ist. Wieder finden wir hier denselben scharfen
energischen Realismus, der gleichwohl von Empfindung durchhaucht
ist. Zwei andere Tafeln mit Johannes dem Evangelisten und Benedikt
ebendort weichen in der etwas schwächlichen Milde der Charakteristik
und dem matten Kolorit, der unbestimmteren Zeichnung soweit von
jenem Bilde ab, dass sie dem Pellegrino nicht zugetheilt werden können.
Ein äusserer Anlass vertrieb bald darauf Pellegrino aus seiner
Heimath, denn als er 1506 sich um die erledigte ihm zugesagte Stelle
eines Thorhauptmanns bewarb, verweigerte man ihm dieselbe, was ihn
dermassen kränkte, dass er sich zuerst nach San Daniele, bald darauf
aber völlig ausser Landes begab. Damals hat er jedenfalls Venedig
wieder besucht, wo er zu einer Zeit eintraf, als durch die kühnen
Neuerungen Giorgionds und den Wetteifer Tizian's die Malerei zu
ihrer höchsten Vollendung aufstieg. Pellegrino war keine von den
grossen bahnbrechenden, eminent schöpferischen Naturen, vielmehr ge-
hört er zu jenen Geistern zweiten Ranges, die sich mehr- empfangend