584
Buch.
Kapitel.
XIII.
Maler
venezianischen
Festlandes.
Kuppen der friaulischen Hochgebirge. Man geniesst hier ein herrliches
Panorama der sich majestätisch aufthürmenden Alpenketten. Die Kirche
des h. Antonius ist ein kleiner einschiffiger gothischer Bau mit offenem
Dachstuhl und einem gewölbten aus dem Achteck geschlossenen Chor,
der beträchtlich schmaler ist als das Schilf. Pellegrino begann hier
mit Ausmalung der Gewölbkappen in der Apsis, wo er Christus und
die Evangelisten darstellte. Es sind Arbeiten von fast grämlicher Herbig-
keit des Stiles, namentlich in der Figur des Johannes, und nur bei
Christus ist das Streben nach feierlicher Würde besser gelungen. Die
tiefe Farbenkraft und die scharf gebrochenen Gewänder, die übrigens
ziemlich monoton und leblos sind, erinnern am meisten an Cima. Auf-
fallend misslungen und unentwickelt erscheinen die zahlreich ange-
brachten Engelüguren. Weit günstiger stellen sich die offenbar späteren
Halbfiguren weiblicher Heiligen dar, welche den die Nische schlies-
senden Gurtbogen schmücken. Anmuthig weich in goldig warmem Ko-
lorit durchgeführt, erinnern sie an umbrische Milde. Dasselbe gilt von
den kleinen Figuren in dem an der Südseite angebrachten Fenster, die
übrigens sehr dekorativ behandelt sind. So viel Mängel hier sich noch
zeigen, so ist doch die Dekoration von grossem Reiz. Die Gewölb-
rippen sind mit Bändern, die gezackte Rippen haben, vielfach gegürtet,
die einzelnen Abtheilungen dazwischen abwechselnd mit verschlungenen
Flechtwerken oder Laubgewinden geschmückt, die breitern einrahmenden
Streifen mit schönen Pflanzenornamenten im Stil der Renaissance weiss
auf blauem Grund gemalt.
Etwas später, aber doch noch mit starken alterthümlichen Ans
klangen, malte Pellegrino das grosse Fresko der Kreuzigung an der
Schlusswand der Apsis. Die figurenreichen Episoden, die wie bei
Luini und Gaudenzio die beliebten Gruppen der Kriegsknechte, Haupt-
leute und des zuschauenden Volkes im bunten Zeitkostüm schildern,
die derbe Charakteristik der beiden Schächer, bei denen Engel und
Teufel zur Aufnahme der Seele nicht fehlen, sind solche alterthümlich
populäre Züge, wie sie der Kunst Oberitaliens überall anhaften. Ein-
zelne anmuthige Gestalten wie der jugendliche Ritter, besonders aber
die kühnen Verkürzungen der Schacher und die edel durchgebildete
Gestalt Christi mit dem milden Ausdruck des Schmerzes in dem zwar
nicht schönen, aber keineswegs bäuerischen, vielmehr durch Empfindung
geadelten Kopf, sind Züge, aus welchen das unablässige Streben des
Künstlers nach Vervollkommnung hervorleuchtet. Auffallend dagegen
ist auch hier wieder die embryonisch wurmhafte Erscheinung Ader