Volltext: Geschichte der Italienischen Malerei vom vierten bis ins sechzehnte Jahrhundert (Bd. 2)

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Buch. 
XIII. 
Kapitel. 
Die 
Maler 
des 
Festlandes. 
venezianischen 
eine heitere, blühend reiche Landschaft. Hier ist die volle Höhe der 
freigewordenen Kunst erreicht, der Typus der Köpfe erscheint edel und 
gross, Gestalten und Gewänder zeigen nichts mehr von Befangenheit, 
und das Ganze athmet bei harmonisch leuchtender Farbe eine süsse 
und doch keineswegs weichliche Schönheit. Diesem Werke verwandt 
ist das edle Altarbild einer heiligen Familie mit einem Stifterpaar in 
S. Paolo, eine andere heilige Familie in der Nationalgalerie zu Lon- 
don, namentlich aber die herrliche Madonna vom Jahr 1530 in der 
Galerie Nr. 94, ein Werk voll liebenswürdiger Empfindung, das dem 
Morone nahesteht. Noch ein zweites Madonnenbild daselbst, Nr. 92, 
ist ebenfalls ein tüchtiges Werk (Fig. 130), besonders durch edle An- 
muth in der Madonnengruppe, freie Würde der beiden Heiligengestalten, 
des Petrus und Andreas, poetisch gestimmte Landschaft und kraftvoll 
harmonischen Farbenton ausgezeichnet. Ohne Frage gehört Girolamo 
mit diesen letzten Arbeiten in die Reihe jener Künstler, die auf der 
vollen Höhe der frei entwickelten Malerei Werke von unvergänglichem 
klassischem Werth geschaffen haben. 
Zu nicht minder hoher Bedeutung schwingt sich Paolo Morando, 
genannt Caoazzola, auf, 1486 als der jüngste in dieser Reihenfolge ge- 
boren, durch seinen frühen Tod 1522 an der vollen Entfaltung seines 
Talentes gehindert. Nicht mit Unrecht hat man ihn den veronesischen 
Rafael genannt, da er in der That in seinen reifsten Werken einen 
freien Adel der Formen und lebendigen Ausdruck entfaltet. In seinen 
früheren Jahren schloss er sich dem Francesco Morone an und mag 
an den Fresken des Refcctoriums bei S. Bernardino Theil genommen 
haben. Ein Fresko der Verkündigung von 1510 mit den H. Blasius 
und Benedict, in S. Nazaro e Celso, für welches er neun Dukaten 
erhielt, zeigt würdevollen Ausdruck und trefflichen Stil der Gewänder; 
ein anderes Fresko mit der Taufe Christi ebendort ist durch die schöne 
Landschaft anziehend. In der Galerie sieht man mehrere aus S. Ber- 
nardino stammende Altartafeln aus der Leidensgeschiohte, die sich 
durch grosse Lebendigkeit der Composition, kraftvollen Ausdruck und 
energische, wenngleich nicht immer harmonische Färbung auszeichnen. 
Dabei gibt sich noch manches Alterthümliche, namentlich im scharfen 
Bruch der Gewänder zu erkennen und das frische, leuchtende Kolorit 
hat fast ferraresischen Charakter. Das bedeutendste unter diesen Bil- 
dern ist die mit 1517 und dem Namen des Künstlers bezeichnete 
Tafel der Kreuzabnahme, durch tiefen Ernst der Auffassung, Strenge 
der Durchführung, ausdrucksvolle Portratköpfe und prachtvollem Ton
	        
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