Francesco
Veroneser:
M oroen.
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die Orgelilügel in derselben Kirche in der strengen Auffassung und
der scharfen plastischen Bestimmtheit eine frühere noch durch Mantegna
ausschliesslich bedingte Stilrichtung.
Eine weitere Entwickelungsstufe vertritt das Altarbild der thro-
nenden Madonna mit den Heiligen Zeno und Nikolaus in der Brera,
mit dem Namen des Künstlers und, wie es scheint, mit der Jahrzahl
1504 bezeichnet. Hier erinnert die schlichte Tüchtigkeit und der ein-
fach grossartige Zug trotz der stark nachgedunkelten Farben an Bellini.
Ein ähnliches Bild der thronenden Madonna mit zwei Heiligen vom
Jahr 1503, ebenfalls mit dem Namen des Künstlers bezeichnet, sieht
man in der dritten Kapelle links in S. Maria in Organo zu Verona.
Es ist eins seiner köstlichsten Werke, durch die edle, weiche Anmuth
der Madonna, durch zwei holdselige musizirende Engel und durch die
beiden mächtigen Bischofsgestalten ausgezeichnet. Noch vorzüglicher
sind die Fresken, mit welchen er die durch ihre herrlichen geschnitzten
Täfelwerke berühmte Sakristei derselben Kirche geschmückt hat.
Hier brachte er in den Lünetten je zwei Gestalten von Ordensbrüdern,
in dem rings umlaufenden Friese Gruppen von je drei ähnlichen Ge-
stalten an. Es ist das Motiv des Saales von San Bernardino, aber auf
einer ungleich höheren Stufe, in feinerer Ausbildung. Die Decke hat
scheinbar in der Mitte eine grosse runde Oeffnung mit Balustrade,
den freien Ausblick in das Himmelsgewölbe gewährend, aus welchem
der segnende Erlöser herabschwebt, während um die Balustrade lieb-
liche Engelknaben mit den Leidenswerkzeugen vertheilt sind. Die
Einwirkung der Camera de' sposi zu Mantua ist unverkennbar, die
dekorative Gesammtwirkung gehört zum Schönsten dieser Art. Später
(1515) malte Morone mit Girolamo dai Libri die Orgelthüren für die-
selbe Kirche, welche sich jetzt in der Pfarrkirche zu Marcellise bei
Verona befinden. Üm dieselbe Zeit entstand das Fresko einer Madonna
mit vier Heiligen an dem Hause Nr. 5522 bei Ponte delle Navi,
Wiederum ein Werk von köstlicher Anmuth und edler Freiheit des
Stils; eine andere Madonna zwischen Jakobus und Elisabeth aus dem
Jahr 1523, die er neben dem Seitenportal von San Fermo malte, ist
nur noch in schwachen Resten zu erkennen; ähnlich mehrere andere
Üeberreste von Fresken, so eine Dreieinigkeit in der Via S. Tommaso
Nr. 1562 und in der Strada Porta Vescovo Nr. 320 eine Madonna.
Von Tafelbildern erwähnen wir noch eine frühe und- strenge
kleine Madonna im Museum zu Berlin, wieder mit dem Namen des
Meisters, noch etwas alterthümlich befangen, aber von holdem Aus-
Lübk e, Italien. Malerei. II. 37