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Buch.
Kapitel.
Venezianer
der Ehebrecherin vor Christus, ein grosses Gastmahl zu Emmaus von
einfachem Adel der Auffassung und herrlicher Färbung; die volks-
thümliche Figur des Wirths ist ein acht venezianischer Zusatz, den
der Künstler sogar auf einem seiner schönsten Bilder, der Findung
Moses in derselben Galerie, wiederholt hat. Es ist abermals eine
prächtige Zusammenstellung lebensvoller Gestalten von freiem Adel in
köstlicher Landschaft. Alle diese grossen Werke bezeugen die hohe
Lebensfülle der venezianischen Kunst. Ein treffliches Bild ist auch
eine kleinere Anbetung der Könige in der Galerie zu Modena, die
nur stark gelitten hat, im Katalog unter dem Namen Bembo verzeichnet.
Im Palast Borghese zu Rom sieht man ausser einer minder bedeutenden
Ehebrecherin vor Christo eine vortreffliche Heimkehr des verlorenen
Sohnes und die Söhne Zebedäi mit ihrer Mutter vor Christus, beides
vortreffliche frühe Bilder mit einer strengen schönen Landschaft, In
der Galerie P itti Endet sich unter dem Namen Paris Bordone eine
treffliche Ruhe auf der Flucht nach Egypten und die Sibylle beim
Kaiser Augustus.
Ein bedeutendes, wirksam componirtes Bild in klarem goldigem
Kolorit ist die Auferwecknng des Lazarus im Louvre, während eben-
dort eine h. Familie mit Magdalena, Franciscus und Antonius in schöner
Landschaft eine der trefflichsten Idyllen im Charakter Palma Vecchi0's
ist, nur viel glühender im Kolorit. Eine andere ebendort als Bonifazio
bezeichnete h. Familie ist zu kühl und rosig im Ton für ihn. In der
Galerie zu Berlin sieht man eine etwas oberflächliche Darstellung
der Ehebrecherin vor Christus mit der Jahreszahl 1559, gleich ver-
schiedenen Werken dieser Art also dem zweiten Bonifazio zuzuschreiben;
das Belvedere zu Wien besitzt drei schöne Tafeln mit je zwei Hei-
ligen, breit und glühend gemalt, ausserdem eine Verkündigung in zwei
grossen Bildern, die Ermitage zu Petersburg eine anziehende Geburt
Christi.
Unter der jüngeren Generation tritt vor Allen Paris Bordone als
ein überaus gewandter Künstler hervor. Zu Treviso im Jahr 1500
geboren, kam er wahrscheinlich früh nach Venedig in die Schule
Tiziaifs, fühlte sich aber durch innere Verwandtschaft besonders zu
Palma Vecchio hingezogen, dem er namentlich in der reizvollen Auf-
fassung und schmelzend weichen Darstellung der Frauenwelt nahe
kommt. Seine Gestalten sind von einem ähnlichen aristokratischen
Duft umflossen, voll feiner Anmuth, zarter in den Formen als die
üppigeren Gebilde Palma's und die grossartigeren Tizian's, im Kolorit