Bonifazio.
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Musik und Tafelfreuden, ohne allen tendenziösen Aufputz, denn auch
in der ausdrucksvollen Gestalt des armen Lazarus hat der Künstler
sich vor dem Abschreckenden wohl gehütet, ausserdem aber durch
den klaren saftigen Goldton und die duftig breite Farbenbehandlung
eine herrliche Wirkung erreicht. Von unbefangenster Lebendigkeit ist
die Schilderung wie der vornehme Mann mit seiner Dame in gemäch-
licher Unterhaltung unter einer prächtigen Säulenhalle bei Tische sitzt,
während eine andre Schöne sich vornüber neigt und, mit den Ellen-
bogen aufgestützt, ganz hingegeben den Klängen der Instrumente
lauscht; wie die Musiker, darunter ein junges Weib mit der Laute,
eifrig auf die Noten blicken, welche ein Page vor ihnen ausgebreitet
hält; wie dagegen der auf seiner Krücke sich heranschleppende Lazarus
mit fiehentlichem Blick ein Almosen heischt, während einer der Hunde
ihm die Geschwüre leckt. Im Hintergrunde sieht man die Säulenfront
der prächtigen Villa, die von schattigem Gebüsch umgeben ist, und
auf den Marmorliiesen des Vorplatzes tummeln sich verschiedene Gruppen
in mannichfachem Zeitvertreib. Zu den gediegensten Arbeiten gehört
sodann Nr. ÖOÖ derselben Sammlung, der thronende Erlöser, umgeben
von David und den Heil. Marcus, Ludwig, Dominicus und Anna, an
der Thronstufe ein herzig naiver Engel, der die Laute stimmt. Es
ist ohne Frage eines seiner schönsten Bilder, Gestalten von fast tizia-
nischem Adel in leuchtend herrlichem Kolorit. Das fast 14 Fuss breite
und fast 6 Fuss hohe Bild, welches wieder das bei den Venezianern
beliebte Breitformat zeigt, hat der Künstler durch die Anordnung
einer Arkadenstellung glücklich zu gliedern gewusst. Es trägt die
Jahreszahl 1530. Auch die ebendort unter Nr. 516 vorhandene Dar-
stellung des Christus unter den Aposteln steht-an Kraft und Schönheit
der Färbung, wenn auch nicht an vornehmer Würde der Charaktere
dem Tizian nahe, während Nr. 520, die Geburt der Maria, ein geringeres
Werk ohne Leuchtkraft, aber genrehaft lebendig in der Weise Paolo
Veronesds ist. Dagegen zeigt das grosse Bild der Anbetung der
Könige Nr. 572 wieder die volle Herrlichkeit tizianischer Farben,
und auch das kleinere Bild des Kindermords Nr. 524 bietet zwar ein
wirres Durcheinander der Composition, aber noch immer ein prächtiges
Feuer des Kolorits. Ein herrlich gemaltes Abendmahl in S. Maria
Mater Domini ist nur in den Köpfen etwas leer, weit besser belebt
ist ein anderes in St. Angelo.
Die Brera besitzt ein köstliches grosses Bild der Anbetung der
Könige von tizianischer Farbenpracht, eine weit geringere Darstellung