Tizian.
Bildnisse.
563
erbitten. Ein andres Exemplar desselben Bildnisses besitzt die Ermitagc
zu Petersburg. Densclben Papst stellte Tizian mit Alessandro und
Ottavio Farnese auf einem anderen Bilde des Museums zu Neapel
dar, das ebenfalls durch die geistreiche Lebendigkeit der Auffassung
von wahrhaft historischer Bedeutung ist.
Besonders zahlreich waren die Porträtaufträge, welche Carl V.,
Philipp H. und König Ferdinand dem Meister ertheilten. Auf dem
Reichstag in Augsburg 1547 hatte er namentlich den letzteren sammt
seinen beiden Söhnen und fünf Töchtern, auf der Rückreise in Inns-
bruck noch ein Familienporträt der königlichen Kinder zu malen.
Damals war es auch, dass Tizian im Interesse des scliwunghaften Holz-
handels, den er in Compagnie mit seinem Bruder betrieb, bei dem
König die Ermächtigung erwirkte, in den tirolischen Forsten eine
gewisse Anzahl von Stämmen schlagen zu lassen; aber dem energischen
Widerspruch der Landesbehörden gelang es, diesen Waldfrevel zu hinter-
treiben. Von den Bildnissen Philipps H. sieht man das früheste,
welches ihn als Feldherrn darstellt, im Museum zu Madrid; ein anderes
ebenfalls vortreffliches, welches den Fürsten in einem prachtvollen,
golddurchwirkten Wamms von weisser Seide mit rothen Bändern an
den Puffarmeln verführt, besitzt das Museum zu Neapel. Eins seiner
spätesten Werke ist das Bildniss des gelehrten Antiquars Strada im
Belvedere zu Wien vom Jahr 1566, trotz einiger Entstellungen in
der breiten, freien Behandlung überaus lebensvoll.
Endlich hat Tizian auch sich selbst mehrmals gemalt. Das eine
dieser Bilder, aus der Solly'schen Sammlung in das Museum zu Berlin
gelangt, stellt den Meister etwa als fünfundsechzigjährigen dar. Eine
schwarze Sammtmütze bedeckt das spärliche Haupthaar, das die hohe,
mächtig gebaute Stirn frei lässt. Der lange, volle Bart ist eisgrau; aber
welche Energie noch in dem fest geschlossenen Munde! welch feuriges
Blitzen dringt unter den buschigen Brauen aus den dunklen Augen
hervor! Es ist eine Erscheinung wie jene Patriarchen des alten Bundes,
die Wie Felsen im Sturm der erregten Volksmassen standen, unter
Donner und Blitz mit dem Höchsten verhandelten und selbst mit dem
Engel des Herrn zu ringen sich verrnassen. Solche unverwüstliche
Urkraft liegt in dem Kopfe. Ein schwerer Pelzmantel hüllt die Gestalt
ein, und über die Brust fällt dreifach die goldene Kette des Ritters
herab. Mit der einen Hand stützt er sich auf einen Tisch. Uebrigens
sind die Hände in dem breit und kühn hingeworfenen Bilde nur skizzen-
haft behandelt, Wesshalb wir sie in Fig. 128 fortgelassen haben.