558
Buch.
Kapitel.
XII.
Venezianer.
Die
standen aber nicht minder bedeutende in den verschiedensten Gebieten
der Profanmalerei, von denen wir nur die wichtigsten kurz hervorheben.
Zunächst gehört dahin eine Reihe mythologischer Darstellungen, die
den lebensfrohen Geist des klassischen Alterthums in glänzender Weise
zum Ausdruck bringen. Als Tizian sich auf Einladung Pauls III. in
Rom befand, um den Papst sammt seinen Kindern und Enkeln zu
malen, entstand das prächtige Bild der Danae, welches sich jetzt im
Museum zu Neapel befindet, ein Werk, das in der üppigen Fülle der
Formen und dem schimmernden, durch ein zartes Helldunkel abge-
tönten Kolorit eins der grössten Wunderwerke der Malerei genannt
werden muss. Für die Farnese malte er auch Venus und Adonis, jetzt
in Alnwick Castle, ein Bild, Welches mehrmals wiederholt wurde
und sich besonders durch die schöne Landschaft auszeichnet. Eine
ganze Reihe solcher Schilderungen führte er sodann für Philipp II.
aus, und es ist bezeichnend für die Charakteristik dieses durch seine
düstere Bigotterie verrufenen Fürsten, dass er neben den zahlreichen
Andachtsbildern, in denen vorzugsweise erschütternde Seenen des Leidens
dargestellt sind, Gefallen an solchen Werken fand, in denen das sin11-
liche Leben, allerdings in seiner Verklärung durch die Hand eines der
grössten Meister, die Herrschaft hat. So malte Tizian für ihn eine
Wiederholung der Danaä, die ungewöhnlich realistisch derb ausgefallen
ist, und von der die Ermitage zu Petersburg und das Belvedere zu
Wien Wiederholungen besitzen; auch diese Werke prächtig leicht,
licht und Hott gemalt. Eins der köstliehsten dieser Werke ist aber
die sogenannte Venus von Pardo, nach ihrem früheren Aufenthalt in
dem Palaste des Pardo so genannt, in Wahrheit Jupiter und Antiope.
(Fig. 127.) Das Bild gelangte später in den Besitz Karls I., dann in
die Sammlung Ludwigs XIV. und befindet sich jetzt im Louvre,
Die schöne Gestalt der ruhig Schlummernden findet an den derben
Formen des Satyrs und den an der andern Seite theils ruhenden, theils
herbeieilenden Figuren den wirksamsten Gegensatz. Vor Allem aber
gehört die Landschaft mit dem buschigen Waldgrunde vorn, dem reich
belebten mittleren Plan und der zackigen, an die Dolomitkuppcn Friauls
gemahnenden Gebirgskette, welche den Abschluss bildet, zu den köst-
liehsten Schöpfungen dieser Art. Dadurch wirkt das Ganze stimmungs-
voll wie eine Novelle, die uns in poetische Zeiten versetzt. In diese
Reihe gehört ferner, als ein Bild von ähnlicher Stimmung, Diana und
Actaon, sowie als Gegenstück zu demselben Diana und Calisto, beide
1559 an Philipp II. geschickt, jetzt in der Sammlung Ellesmere zu