Tizian.
Altarbilder.
Späteste
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Nach diesen Scenen des Schmerzes entfaltete Tizian in der eben-
falls für Philipp II. gemalten Anbetung der Könige des Museums zu
Madrid den ganzen festlichen Pomp weltlichen Glanzes auf dem Hinter-
grund einer heiteren Landschaft und gab in diesem lebensvollen Bilde
das Beispiel für die immer mehr in's Genrehafte übergehenden Dar-
stellungen der Bassani. Die bald darauf für denselben königlichen
Gönner entstandene Altartafel im Escurial, Welche Christus zu Geth-
semane betend darstellt, liefert wieder einen Beweis von der Berührung
des Meisters mit Correggio. Für das Refektorium desselben Klosters
malte Tizian dann ein grosses Abendmahl, an welchem er nach seiner
eigenen Versicherung sieben Jahre immer Wieder von Neuem ange-
fangen hat, bis er es für vollendet erachtete. Die Mönche begingen
aber den Vandalismus, nicht unähnlich ihren Collegen von S. Maria
delle Grazie zu Mailand, den oberen Theil des Bildes abzuschneiden,
um es dem Raume besser anzupassen; ausserdem wurde das Werk
durch spätere Üebermalungen seines koloristischen Reizes so sehr ent-
kleidet, dass nur noch die ungemein dramatische, unter dem Einfluss
des Lionarddschen Abendmahls entstandene Composition zu erkennen
ist. Auch eine Magdalena malte der Meister noch für Philipp 11., ein
Werk, das öfter wiederholt wurde und von dem das beste Exemplar
sich in der Ermitage zu Petersburg befindet (Kopieen u. A. im
Museum zu Neapel, im Pal. Durazzo zu Genua, in der Galerie zu
Stuttgart u. s. Derber und eifektvoller in der Behandlung als
das frühere Bild, zeichnet es sich auch dadurch vor jenem aus , dass
der Künstler die Büsserin mit einem blau und roth gestreiften wollenen
Gewande bedeckt hat.
Die letzten kirchlichen Werke wurden für Venedig ausgeführt;
dahin gehören die Altartafel des h. Nikolaus in S. Sebastiano, sowie
die Verkündigung und die Verklärung Christi in S. Salvator e, immer
noch Werke von einer grossartigen Gestaltungskraft und sicheren Be-
herrschung der Mittel. Von grosser Gewalt ist auch die energisch
componirte und glänzend gemalte Dornenkrönung in der Pinakothek zu
München, welche Tintoretto sich als Geschenk von dem Meister er-
hat; das letzte Werk aber ist die Pietä. in der Akademie zu Venedig,
immer noch ein gewaltiges Bild, gross und frei componirt und mit
Wunderbarer Rüstigkeit von dem fast hundertjährigen Meister entworfen;
aber der Tod nahm ihm den Pinsel aus der Hand, und Palma Giovine
vollendete das Werk.
Neben diesen zahlreichen und ansehnlichen Schöpfungen ent-