Tizialm.
Ausführung.
Technische
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ausführlicher zu reden haben. Eher kann man in solchen Werken
den Einfluss Dürerls erkennen, der 1506 bekanntlich in Venedig war
und dort ein grosses Altarbild malte, welches, wie er selbst erzählt,
unter den italienischen Malern lauten Beifall fand. Dass die bei den
deutschen Meistern, besonders bei Dürer mit Vorliebe gepflegten land-
schaftlichen Hintergründe auf Tizian eingewirkt haben, bezeugt Vasari
selbst, der sogar erzählt, Tizian habe "einige deutsche, treffliche Meister
in Ausführung von Landschaften und Laubwerk in sein Haus genom-
men, um sich darin zu üben". Dass dann Tizian (ähnlich wie schon
Giorgione begonnen hatte) in seinen landschaftlichen Hintergründen
alle deutschen und gleichzeitigen italienischen Meister übertraf, weil er
die bunte Vielheit der nordischen Naturauffassung vermied und den
Vorgängen eine charaktervoll. entsprechende, stimmungsreiche Umgebung
in wenigen grossen Zügen zu verleihen wusste, braucht kaum bemerkt
zu werden.
Fast alle Bilder Tizian's sind in einem breiten, grossartigen Styl
mit kühnen, freien Pinselstrichen behandelt. Doch bemerkt man bald,
dass die früheren Werke durch grössere Sorgfalt der Behandlung und
detaillirende Feinheit der Pinselführung sich unterscheiden. Das Ver-
langen nach seinen Werken steigerte sich indess bald so sehr, dass er
manchmal gezwungen war, bei der Ausführung {iüchtiger zu verfahren.
Obwohl trotzdem in seinen ächten Bildern stets eine Gediegenheit und
Klarheit der Farbenbehandlung herrscht, die den gelegentlichen Mangel
einer feineren Durchführung wenig hervortreten lasst, so finden wir
doch ein Zeugniss, wie schon damals kunstsinnige Besteller wohl einen
Unterschied zwischen den besser oder minder gut ausgeführten Werken
Tizian's zu machen verstanden. Federigo Gonzaga schreibt am 3. August
1536 an den Meister und bittet ihn, ihm ein Christusbild zu machen,
ähnlich dem, welches er ihm früher einmal geschenkt habe; er möge
es aber mit der Sorgfalt und dem Fleisse machen, die er bei den-
jenigen Werken anzuwenden pflege, mit denen er Ehre einzulegen
wünsche, auf dass man das Bild „zu den vortrefflichen Werken
Tizian's zählen könne". (nChe si possa chiamar delle eocellenti opere di
Tizianoa.) Aus diesem und manchen anderen Briefen geht auch hervor,
wie oft er auf Verlangen seiner Gönner und Freunde sich veranlasst
sah, ein beliebt gewordenes Bild zu copiren oder zu wiederholen,
Erst im höchsten Alter soll die Sicherheit der Hand und des
Auges ihn etwas verlassen haben, ohne dass er, gewohnt an tlnablassiges
Schaffen, dessen inne geworden wäre. Eins seiner letzten Bilder ist