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Buch.
Kapitel.
Venezianer.
Johann Friedrich von Sachsen malte. Auch für Philipp war er in den
letzten Zeiten seines Lebens vielfach beschäftigt, und eine Reihe der
glühendsten, jugendfrischesten Bilder verdankte diesem Verhältniss ihre
Entstehung. Ebenso wurde Tizian im Jahre 1545 an den päpstlichen
Hof berufen, um Papst Paul III. zu malen.
Von solchen Ausflügen mochte der "Fürst der Maler", mit Ehren
überhäuft, gern nach seiner Lagunenheimath zurückkehren, wo er im
Kreise kunstverwandter und geistvoller Freunde ein Leben voll Thätig-
keit und Genuss in edler Unabhängigkeit führte. Hatte er durch seine
Kunst sich Reichthümer erworben, so wusste er dieselben in freigebiger
Weise zu verwenden. Seine Tochter stattete er in einer für jene Zeit
glänzenden Art mit einer Summe von 2400 Dukaten aus; für seinen
Sohn Pomponio, der den geistlichen Stand erwählt hatte, sorgte er,
indem er ihm Benefizien und Pfründen von seinen hohen Gönnern
verschaffte. Für seine Freunde war er unablässig bemüht sich zu
verwenden. Unter diesen stehen der berühmte Baumeister Jacopo
Sansovino, der in Venedig ebenso die Architektur beherrschte, wie
Tizian die Malerei, und Pietro Aretino obenan. Es wirft ein merki
würdiges Streiflicht auf die moralischen Zustände jener Zeit, dass ein
so giftiges Lästermaul, ein so grundboshafter und gemeiner Charakter
wie Pietro sich nicht bloss des Ümganges mit den ausgezeichnetsten
Männern rühmen konnte, sondern wegen seiner Darstellungsgabe und
seines vernichtenden Witzeseine Macht ausübte, welche die mächtigsten
Fürsten der Zeit bewog, ihm zu schmeicheln und ihn durch Geld zu
bestechen. Tizian mag seinen Umgang sowohl aus Weltklugheit als
aus Gefallen an seiner geistreichen, witzigen Unterhaltung gepflegt
haben. Gewiss ist, dass unser Meister in seinem menschlichen Wcrthe
nicht nach diesem Genossen gemessen werden darf. Denn wie hoch
Tizian an Adel der Gesinnung, an Treue und Uneigennützigkeit über
ihm stand, erkennen wir aus manchen Zügen seines Lebens und manchen
brieflichen Aeusserungen. Wies er doch, obwohl er sonst weltliche
Vortheile klug zu würdigen wusste, das ihm angebotene einträgliche
Amt des päpstlichen Siegelbewahrers zurück, um nicht dem Sebastian
del Piombo, der dasselbe besass, zu nahe zu treten.
Tizian war mit Donna Cecilia verheirathet, die ihm drei Kinder,
ausser den beiden Söhnen noch eine Tochter, geschenkt hatte, als sie
ihm 1530 durch den Tod entrissen wurde. Der Meister war untröstlich
über diesen Verlust, der ihm um so schmerzlicher war, da die im zarten
Alter stehenden Kinder weibliche Pfiege dringend bedurften. Er nahm