Volltext: Geschichte der Italienischen Malerei vom vierten bis ins sechzehnte Jahrhundert (Bd. 2)

Giorgione. 
Frühe Bilder. 
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betrachten darf. Bewunderungswürdig frei und sicher gemalt, in mild 
leuchtendem Ton des Helldunkels, das durch die schimmernden Reflexe 
der Rüstung belebt wird, zeugt auch dieses kleine Werk von der vor- 
nehmen Auffassung des Meisters. 
Eine andere bedeutende Schöpfung desselben ist das grosse un- 
vollendete Bild in Kingston Lacy bei Wimborn in England, über 
zehntFuss breit und gegen sieben Fuss hoch. Es stellt das Ürtheil 
Salomds dar und befand sich früher bei der Familie Grimani-Calergi 
in Venedig, mag aber wohl, wie man vermuthet hat, dasselbe Bild sein, 
welches nach Vollendung der Fresken am Kaufhause 1507 bei dem 
Künstler für den Audienzsaal des grossen Rathes bestellt wurde. Das 
Bild ist nicht vollendet worden, denn die Figur des Henkers zeigt nur 
die erste Anlage; aber die ausdrucksvolle Gruppirung, die geistvolle 
Charakteristik, die ungemein sprechenden Geberden und Bewegungen, 
sowie die vollendete Klarheit eines fein verschmolzenen Kolorits und 
leuchtenden Helldunkels lassen das Werk als eine der gediegensten 
Schöpfungen des Meisters erscheinen. 
Noch einmal hat er denselben Gegenstand in einem kleinen Bilde 
der Uffizien (Nr. 630) behandelt. Das Bild gehört jedenfalls in die 
frühere Zeit Giorgione's, wo er solche Gegenstände in kleinen Figuren 
darzustellen und durch anmuthige landschaftliche Hintergründe zu be- 
leben suchte. Gewisse Schwächen der Zeichnung und Lahmheit der 
Composition lassen das Werk sogar als eine seiner frühesten Arbeiten 
erscheinen. Ebendort sieht man unter Nr. 261 ein anderes kleines Bild, 
welches als Gegenstück zu jenem eine Scene aus der Legende des 
Moses darstellt. Man sieht Pharao auf reichem Throne sitzen und der 
Feuerprobe des kleinen Moses erstaunt zuschauen, welcher auf dem 
Arm der Wärterin mit den Flammen spielt, die von einem jungen 
Diener ihm in einer Schaale dargereicht werden, während ein anderer 
dem Kleinen Gold in einer zweiten Schaale anbietet. Die Legende 
erzählt nämlich, als der kleine Moses von der Tochter Pharao's diesem 
präsentirt worden sei, habe das Kind nach der Krone Pharao's ge- 
griffen. Üm den Kleinen nun auf die Probe zu stellen, ob er wirk- 
lich nach der Herrschaft trachte, habe man ihm Gold und glühende 
Kohlen darreichen lassen; er griff zu seinem Glück nach den Kohlen 
pund behielt so das Leben. Auch hier ist es hauptsächlich die leuch- 
tende Farbe, mehr noch die poetische Waldlandschaft des Hintergrundes, 
welche dem kleinen Werke Werth verleiht, denn die Composition ist 
wieder etwas lahm und zerstreut. Ein drittes unter Nr. 631 in derselben
	        
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