Volltext: Geschichte der Italienischen Malerei vom vierten bis ins sechzehnte Jahrhundert (Bd. 2)

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Buch. 
Kapitel. 
Venezianer. 
man ihm in Castelfranco in einem links von der Kirche gelegenen 
Hause einen Fries zu, welcher einen grossen, jetzt in drei Zimmer ab- 
getheilten Saal schmückte. Es ist eine eigenthümliche Dekoration, die 
ein buntes Gemisch der verschiedenartigsten Gegenstände enthält. 
Tafeln mit antiken Sinnsprüchen Wechseln mit allerlei Geräthschaften, 
Sanduhren, Staffeleien, Zirkel und Winkelmaass, musikalischen und 
astronomischen Instrumenten, Helmen, Schildern, antiken Gemmen, 
Köpfen von Kaisern und Philosophen. Es ist das bunteste Allerlei, 
nicht eben geschmackvoll in Anordnung und Auswahl, aber in hell- 
braunem Ton mit flotten Schrafiirungen und keck aufgesetzten Lichtern 
geistreich hingesetzt, so dass man wohl an eine gelegentliche Improvi- 
sation Giorgionds denken darf. 
Üngleich wichtiger sind seine Tafelbilder;  aber hier findet sich 
so viel Üntergesehobenes, dass eine besonders strenge und sorgfältige 
Sichtung Noth thut. Am sichersten geht man dabei von dem einzigen 
völlig beglaubigten Werke aus, dem herrlichen Altarbilde im Chor der 
Pfarrkirche zu Castelfranco. Wir sind über die Entstehung des 
Bildes genau unterrichtet. Tuzio Costanzo, jener berühmte Condottiere, 
den man die beste Lanze Italiens nannte, residirte damals in der Vater- 
stadt Giorgiones Im Dienste der Republik hatte er sich Reichthümer 
erworben und zuletzt Katharina Cornaro, die Königin von Cypern, 
heimgeleitet, die nun in dem benachbarten Asolo ihren Wittwensitz 
aufgeschlagen hatte. Giorgione erhielt den Auftrag, die Familienkapelle 
der Costanzi mit Fresken zu schmücken, und als der jugendliche Matteo 
Costanzo, der als Feldhauptmann im Dienst der Venezianer stand, 1504 
zu Ravenna von frühzeitigem Tode hingeraift ward, liess der Vater ihn 
in der Familienkapelle zu Castelfranco beisetzen und durch Giorgione 
das Altarbild malen. Auch hier sind die Fresken des Künstlers durch 
den Abbruch der alten Kirche sammt ihrer Kapelle untergegangen, 
aber das Altarbild, in die neue Pfarrkirche übertragen, ist im Wesent- 
lichen noch wohl erhalten. (Fig.113.) Auf einem ungewöhnlich erhöhten 
Thron von einfachster Architektur, der Form ältester Bischofsessel zu 
vergleichen, sieht man die Gestalt der Madonna sitzen. Üeber das 
tief grünlich-blaue Kleid der Madonna fliesst ein herrlicher leuchtend- 
rother Mantel in breitem Faltenwurf herab. Sie stützt sich mit der 
linken Hand auf die Lehne des Thrones und hält mit der Rechten das 
nackte Kind, das in starker Verkürzung gezeichnet ist, und dessen 
Liebliehkeit von sinnigem Ernst überhaucht wird. "Ein prächtiger Tep- 
pich von bunten Farben, über welchem ein schmalerer grüner, mit grossen
	        
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